Ankermühle

Die Ankermühle in Dessighofen

Aus einer Akte mit dem Titel Acta die Mühlen zu Dessighofen [betreffend] (HHStAW, Abt. 351, Nr. 262), die im Folgenden zusammenfassend wiedergegeben wird, lassen sich einige Nachrichten über die Geschichte der Ankermühle entnehmen.

Bau der Mühle und ausstehende hess. Mühlenpacht 1751

Aus einem Schreiben des hess. Kammerrats und Oberschultheißen in Nastätten Recken an die hess. Gesamtkanzlei in St. Goar, datiert Nastätten, 15. Dezember 1751, wird auf einen Bericht des Kanzleiexekutanten Hopp vom 11. Dezember 1751 Bezug genommen, demnach von einer neuen Mühle im Vierherrischen noch die herrschaftliche Mühlenpacht ausstehe. Ein Protokoll zur Untersuchung des Exekutanten Hopp und eine vidimierte Kopie der Baukonzession der Mühle liegen bei. Da Recken weder von dem Amtmann von Brenner, dem Schultheißen zu Geisig, noch dem Müller selbst oder sonst jemand von dieser neu erbauten Mühle erfahren hatte, habe er auch keine Mühlenpacht für die gnädigste Herrschaft einfordern können und bittet die Kanzlei um Verhaltungsbefehl.

Laut dem Protokoll vom 11. Dezember 1751 erschien der wegen der rückständigen Mühlenpacht ausgesandte Exekutant Hopp und berichtet, dass ein im Vierherrischen zwischen Dessighofen und Schweighausen wohnender Müller namens Plüß vor 20 Jahren dort eine Mühle erbaut und seither dem Haus Hessen keine Mühlenpacht entricht habe, wohl aber nassauischerseits. Hierauf werden der Geisiger Schultheiß Klos und der Müller Plüß auf den 14. Dezember vorgeladen, worauf nur der Müller erscheint. Am 28. April 1744 sei ihm vom hess. Amtmann zu Reichenberg, Herrn von Brenner, und den übrigen vierherrischen Beamten der Bau einer Mühle in Dessighofener Gemarkung gegen Entrichtung eines nass. Malters Korn gestattet worden. Er produziert den in vidimierter Kopie beiliegenden Konzessionsschein; ihm wäre aber seither weder vom Herrn von Brenner noch sonst von hess. Seite die Mühlenpacht gefordert worden, würde sie aber auf Verlangen nach und nach abliefern.

Text der Baukonzession: Nachdeme Johann Adam Plüss auß der Nieder Bachheimer Mühl bey Ambt angesuchet, daß ihme eine Mahlmühle in Deßighoffer Gemarckung auffbauen zu dörffen verstattet werden mögte, worvor all Jahr zu Martini Zeith ein Nassauer Malter Korn an Pacht zu entrichten sich erbothen hat, also wird demselben insofern sothaner Mühlen Bau denen Nachbahrn ohne Schaden gereichet, hiermit dergestalten verstattet, daß derselbe den Pfacht alle Jahr gegen Martini in guter marckgiebiger Frucht an jede hohe Landes Herrschafft richtig zu entrichten undt im Mahlen redlich sich verhalten solle. Reichenberg undt Nassau, den 28ten Aprilis 1744.

Veräußerung der Mühle 1764

Die Witwe des Johann Philipp Plüß, die „Ankermüllerin“, möchte ihrem Eidam Johann Philipp Wald, ein fürstl. hess. Leibeigener, ihre Mühle „wegen darauf haftender vieler Schulden“ käuflich überlassen und bittet deswegen um amtlichen Konsens. Hier ist kurz in Erinnerung zu rufen, dass das „Landgericht der vier Herren auf dem Einrich“ oder einfach nur „das Vierherrische“ zwischen den nunmehr nur drei Landesherren Hessen-Kassel, Nassau-Diez und Nassau-Saarbrücken in sogenannte Quartiere aufgeteilt war, von denen je ein Landesherr ein Quartier verwaltete. Das Kirchspiel Dornholzhausen mit Dessighofen gehörte zum nassau-saarbrückischen Quartier (verwaltet vom Quartieramt Nassau), das Kirchspiel Niederbachheim zum hessischen Quartier (verwaltet vom Quartieramt Reichenberg). Da das Amt in Nassau in seinem Einzugsgebiet lieber nassau-saarbrückische Untertanen, als hessische sähe, teilt man dem hessischen Quartieramt in Reichenberg am 7. Februar 1764 mit, dass man der Witwe Plüß die Zustimmung nur erteilen würde, wenn ihr Eidam gegen einen nassau-saarbrückischen Leibeigenen eingetauscht würde, da die Mühle bisher immer nur von solchen besessen worden wäre. Weiter fragt man an, ob Daniel Kunz zu Dessighofen oder Philipp Horbach von Oberbachheim als Äquivalent anzusehen wären. Denn 1) die Mühle läge ja im Quartier des Amtes Nassau, 2) die Mühle sei, wie gesagt, immer von nassau-saarbrückischen Untertanen besessen worden und 3) die Ehefrau des Johann Philipp Wald ohnehin eine nassau-saabrückische Magd. Das hessische Amt in Reichenberg antwortet am 11. Februar. Bezüglich des vorgeschlagenen Leibeigenentausches habe man den Schultheiß in Geisig vernommen, der daraufhin berichtet habe, dass entweder der bei seinen Schwiegereltern wohnende Johann Adam Laux zu Ehr oder aber der Johann Paul Haxel zu Berg, deren Ehefrauen ohnehin hessisch wären, als ein besser passendes Äquivalent (pro æquivalenti magis congruo) in Frage kämen. Allerdings tut man sich in Reichenberg schwer mit dem Argument, dass die Mühle nur deshalb wieder an einen nassau-saabrückischen Besitzer zu kommen habe, weil die Vorbesitzer dieselbe Leibeigenschaft besaßen. Denn mit den Mühlen sei es ja wie mit den Gütern und Hofreiten im Vierherrischen, egal wen dieser oder jener durch Erbschaft, Kauf oder Tausch etc. zum Leibherrn dieses Kondominiums bekomme, er dennoch gemeinschaftlicher vierherrischer Untertan verbleibe. Nach einem Vermerk hat man den Schultheiß Büff zu Marienfels am 21. Februar 1764 ebenfalls vernommen, der jedoch den vorgeschlagenen Tausch nicht für akzeptabel hielt, da dieser Johann Philipp Wald ohnehin nur ein armer Schlucker sei und es besser für ihn wäre, ihn weiterhin mit seiner Frau zu halben Kindern sitzen zu lassen.

Nach dem Vertrag, datiert Miehlen, den 20. Februar 1764, verkauft die Witwe des Johann Adam Plüß zu Dessighofen in der Ankermühle mit amtlicher Bewilligung und Gutfinden der Vormünder über ihre Kinder, Johann Philipp Plüß aus der Bachheimer Mühle und Johann Adam Wöll von Kehlbach, an ihren Eidam Johann Philipp Wald für 500 Rtl., ausgenommen derjenigen Güter, die Mutter und Kinder im Voraus behalten.

Nachdeme Johann Adam Plüssen Wittib zu Deßighoffen in der Anckermühle daselbsten mit Bewilligung eines löb[lichen] Amts und Gutfinden ihrer Kinder Vormunder Johann Phi[lipp] Plüßen auß der Bacheimer Mühl und Johnn Adam Wöllen von Kehlbach ihre Mühle exclusive derer Güther, als welche die Mutter und Kinder voraus behalten an ihren bey sich habenden Eydam Johann Ph[ilipp] Wald vor vnd um fünffhundert R[eichs]th[a]l[e]r, setze 500 R[eichsthaler], unter nachstehenden von allerseits Interessenten beliebten Conditionen übertragen und verkauffet hat, daß

          1. gedachter Johann Ph[ilipp] Wald alle auf ermelter Mühl hafftende und beynahe an die 500 R[eichsthaler] sich betragende Passiva übernehmen und solche gleich nach Behändigung des Kauffbriffs abbezahlen, so fort die von seinen Schwiegereltern ausgestelte Schuldschein einlößen und der Schwiegermutter zu Handen liefern

          2. die Mühle an keinen Frömden kommen laßen, sondern, wann er etwa genöthiget wäre, solche oder einen Theil davon wieder zu verkauffen, die Schwiegermutter und ihre Kinder zu der Mühle und zwarn in obgedachtem Werth der 500 R[eichsthaler] die Nächste seyn

          3. die Mutter mit den übrigen Kindern, solange sie ohnverheurathet, jene aber ad dies vitæ den freyen Beysitz in der Mühle haben

          4. der Eydam den Ackerbau auf der Schwiegermutter Güthern versehen und in allen Stücken der Gebühr nach bestellen, dargegen aber

          5. vor dieße Arbeit den Heuwachs von der Wieße hinterm Wald beziehen, ingleichen das Krautstück gantz, den Kohlgarten aber zur eine und die Schwiegermutter zur andern Helffte in ohnentgelt[lichem] Nutzen haben und endlich

          6. von den angepflantzten zu der Mühle zugehörigen Obstbäumen derselben 6 Stück, um solche auf ihr eigen Guth setzen zu können, zukommen laßen, auch ihr alljähr[lich] einen Korb voll Äpffel abgeben solle; auch ist

          7. noch weiter ausbedungen worden, daß, wan der Eydam Ph[ilipp] …, so ein als anderen Punct nicht nachkommen würde, alsdann die Mutter an gegenwärtigen Contract nicht gebunden seyn, sondern wiederum nach der Mühle zu greiffen Macht haben solle;

alß ist darüber gegenwärtige Verbriffung ausgefertiget und von den Contrahenten eigenhändig unterschrieben und von lob[lichem] Amt confirmiret worden.

So geschehen Miehlen, den 20 Febr[uarii] 1764.

Nur zwei Tage später, am 22. Februar 1764, zeigt Johann Philipp Wald beim nassau-saarbrückischen Amt in Nassau an, dass er die Hälfte der Ankermühle mit amtlichem Konsens an den Johannes Kunz aus Dessighofen verkaufen würde, was ihm auch gestattet wird.

Schon am 9. Mai 1764 wird die Mühle jedoch ohne Angabe von Gründen in Dessighofen zur Versteigerung ausgeschrieben. Der Vormund Wöll von Kehlbach zeigt daraufhin am 8. Mai 1764 an, dass die Mühle an Anton Gemmerich von Dessighofen gegen 585 Rtl. und eine Hofreite verkauft worden wäre, die Versteigerung also abzusagen sei.


Letztes Update: 30. November 2021
Ralph Jackmuth