Arnoldi: Geschichte der Grafschaft Diez

Johannes von Arnoldi: Geschichte der Grafschaft Diez

aus: Geschichte der Oranien-Nassauischen Länder und ihrer Regenten
Band 2, Hadamar 1800, p. 3-52

Die Abhandlung umfasst überwiegend die geographische Beschreibung der ehemaligen Grafschaft Diez und ihrer zwölf Kirchspiele oder Gerichte (davon 6 auf dem Westerwald), wie sie 1564 noch existierten, und weitere umliegende ältere Landesteile. Abschließend werden in der Grafschaft liegende Klöster und Stifte behandelt (Beselich, Dierstein, Gnadenthal, Thron, Marienstift Diez).


Geschichte der Grafschaft Dietz.

Die Nassauische Geschichte ist in dem ersten Theile dieses Werks bis zu dem Zeitpunkte vorgerückt, da die Länder der Ottonischen Linie des Hauses Nassau durch die Vermählung Graf Adolfs zur Nassau Dillenburg mit der Gräfin Jutta Erbtochter von Dietz, und durch die bald nachher erfolgte Löschung des alten Dietzischen Grafenstammes, einen beträchtlichen Zuwachs an Land und Leuten erhielten. Es wird daher nöthig seyn, ehe in der Hauptgeschichte selbst fortgefahren wird, die ältere Geschichte der Grafschaft Dietz, und der damit verbundenen übrigen Besitzungen der Grafen dieses Namens, vorausgehen zu lassen.

I. Historische Beschreibung der Grafschaft Dietz und der damit verbundenen Länder.

Der älteste Zustand des Länderstrichs, welcher späterhin zum Eigenthume der Grafen von Dietz gehörte, kann hier füglich übergangen werden. Alles [p. 4] was in der Einleitung zu dem ersten Theile dieses Werks, von der Beschaffenheit und den ältesten Bewohnern der Nassauischen Länder ist gesagt worden, findet auch auf die Dietzischen gleiche Anwendung.

Unter der Fränkischen Herrschaft, und ferner unter den Carolingern und ihren Nachfolgern auf dem deutschen Kaiserthrone, machte die eigentliche Grafschaft Dietz, mit den dazu gehörigen Aemtern Kirberg vnd Camberg einen beträchtlichen Theil des Nieder-Lohngaues, und erstere besonders einen der kleineren Gaue aus, in welche der große Nieder=Lohngau abgetheilt war. Wahrscheinlich hatte dieser kleine Gau auch schon früher seine eigene Grafen. Die zur Grafschaft Dietz im weiteren Verstande gehörige Herrschaft Weilnau, unter welcher auch das heutige Amt Wehrheim begriffen ist, war ein Theil der Wetterau, oder, nach dem alten Ausdruck, Wettereiha.

Die ursprünglichen Grenzen der Grafschaft lassen sich schwer bestimmen. Sie waren aber in älteren Zeiten von weiterer Ausdehnung, als zu der Zeit, da die Grafschaft an Nassau kam. Nach und nach wurden mehrere Pertinenzstücke davon abgerissen.

Das milde Clima und die Fruchtbarkeit des Bodens, welche dem Dietzischen in alten Zeiten den Namen der goldenen Grafschaft erwarben, hatten einen früheren Anbau, in Vergleichung mit dem weiter nördlich liegenden Nassauischen, zur natürlichen Folge. Dietz, Nasonga oder Neissen (Oberneissen), Hahnstetten, Kaldenbach, später Holzhausen zur Kaldenbach, jetzt Kaltenholzhausen, [p. 5] Bubenheim (Kirberg), Dauborn, Heringen, Weier, Lahrheim, kommen schon im J. 790. vor. Im dreizehnten, und Anfang des folgenden Jahrhunderts, werden bereits die meisten jetzt noch vorhandenen Orte genannt.

Auch für die Ordensgeistlichkeit war die Fruchtbarkeit des Bodens ein Reiz, sich in diesem gesegneten Landstriche anzubauen, oder doch Güter und Zehnten darin zu erwerben. Während dem in dem Nassauischen nur ein einziges unbedeutendes Nonnenkloster war, kamen in der eigentlichen Grafschaft Dietz die Collegiatstifter Dikirchen, Salz, Dietz und die Cistercienser Nonnenklöster Dirstein, Gnadenthal, Beselich; in der Herrschaft Weilnau das Kloster Thron auf. Beträchtliche Güter und Zehnten im Dietzischen erwarben die benachbarten Stifter und Klöster Marienstadt, Gemünden, Arnstein, Schönau, Erbach, St. Alban, St. Maximin, Bleidenstadt, die Stifter und Klöster in Limburg, und andere mehr.

Weinbau ward frühzeitig weit allgemeiner als heutiges Tags getrieben, z. B. zu Auel, Freiendietz, Staffel, Fachingen, Berlenbach, Gnadenthal, Dauborn, Kirberg, Flacht, wo man in neueren Zeiten fast ganz davon abgekommen ist.

Der Dietzische Adel war fast noch zahlreicher als der Nassauische, behauptete sich auch länger; wie dann noch jetzt eine Menge Adelshöfe im Dietzischen, und dem vorhin darunter begriffenen Hadamarischen, befindlich sind. Hierin liegt auch der Hauptgrund, daß die Leibeigenschaft des [p. 6] Bauernstandes weit strenger war, und in ihrer Strenge weit länger fortdauerte, als im Nassauischen. Die Menge der aus dem sechzehnten Jahrhundert noch vorhandenen Kauf- und Tauschbriefe über Leibeigene beweiset, wie lebhaft der Menschenhandel damals noch in diesen Gegenden war, während dem sich seit Jahrhunderten schon fast keine Spuren mehr davon im Nassauischen finden. Daß Städte in diesem, sonst so gesegneten Lande nicht gedeihen wollten, hat auch wohl in der Strenge der Leibeigenschaft seinen Grund. Dietz erhielt zwar schon von K. Ludwig im J. 1329. (Freit. v. Walb. und Freit. v. Cecil.) seine Stadtfreiheiten, blieb aber klein, so vortheilhaft auch die Lage an der hier schiffbaren Lahn und die daraus entstehende Erleichterung des Handels auf dem Rhein ist. Der beste Theil der Stadt ist erst in ganz neuen Zeiten angebauet worden. Camberg, ob es gleich von K. Rudolf bereits 1281. (27. Aug.), von K. Ludwig nochmals 1336. (18. Mai), endlich auch von K. Carl IV. im J. 1365. (15. Jul.) Mit Stadtrechten begnadigt ward, konnte doch eben so wenig, als dass zwischen den Jahren 1355. und 1368. aus den drei Dörfern Kirchdorf, Sindersbach und Bubenheim entstandene Kirberg, und das durch einen Gnadenbrief K. Carl IV. 1372. (2. Jun.) in eine Stadt verwandelte Wehrheim, sich zu etwas mehr, als einem Flecken erheben,

Vom ehemaligen Kaiserlichen Eigenthume in dem Dietzischen bemerke ich hier vor- [p. 7] -züglich den Kaiserlichen Hof zu Ober-Neissen, welcher im J. 958. (2. Non. Apr.) durch die Freigebigkeit Otto des Großen an das Stift St. Alban zu Maynz kam. Diese Schenkung gab dem Stifte Anlaß, mehrere Gerechtsame allda an sich zu bringen, wohin unter anderen das Präsentationsrecht zu der reichdotirten Pfarrei Ober=Neissen gehört.

Bei den Besitzungen der alten Grafen von Dietz muß man die eigentliche Grafschaft Dietz, und die übrigen ihnen zugehörigen Nebenländer, welche nur im weiteren Sinne unter dem Namen der Grafschaft mitbegriffen werden, wohl unterscheiden, weil dieser Unterschied noch auf das heutige Nassauische Staatsrecht einen wesentlichen Einfluß hat.

Die eigentliche Grafschaft Dietz war in früheren Zeiten derjenige kleine Gau, in welchem die Vorfahren der Grafen zu Dietz das Grafenamt verwaltet hatten, den sie aber seit der eingeführten Erblichkeit der Aemter als Eigenthum besassen, und um sich dessen noch mehr zu versichern, hiernächst von den Kaisern zu Lehen nahmen. Dieses Lehen ward durch besondere Vergünstigung K. Rudolfs des Habsburgers im J. 1276. (Non. Febr.) in ein Erb- und Weiberlehen verwandelt. In dieser Eigenschaft kam auch die Grafschaft an Nassau und Epstein, welche beide Häuser aber, wie in der Nassauischen Geschichte umständlicher vorkommen wird, im J. 1420 den unglücklichen Gedanken [p. 8] hatten, mit Kaiserlicher Bewilligung dem Erzstifte Trier die Grafschaft zu Lehen aufzutragen, und sie künftig von demselben als ein Reichsafterlehen zu empfangen. Wie dieses dem Erzstifte anderthalbhundert Jahre später den Anlaß gab, dem Hause Nassau einen beträchtlichen Theil der Grafschaft zu entziehen, wird an seinem Orte ebenfalls vorkommen.

Unter diesem Reichslehen so wenig als dem nachherigen Trierischen Lehen, waren die Nebenländer aber nicht begriffen. In allen Verhandlungen ward die eigentliche Grafschaft sorgfältig von ihnen unterschieden, und der Hauptvergleich mit Trier im J. 1564. ist daher auch nur auf die eigentliche Grafschaft gerichtet. Die Nebenländer waren ursprünglich und blieben auch Allodien der Dietzer Grafen und ihrer Landesnachfolger, obwohl Trier durch seine Uebermacht sich auch in die Gemeinschaft an einem Theile derselben eindrang. Eben dieses erheblichen Unterschieds wegen wird eine genauere geographische Beschreibung von beiderlei Ländern nöthig seyn, welche zugleich eine Uebersicht von der Gerichtsverfassung gewähren kann.

Die Grafschaft Dietz war in zwölf Gerichte, Zenten, oder eben so viele Kirchspiele abgetheilt, womit aber die heutige Kirchspielsabtheilung nicht ganz mehr übereinstimmt. Sechs derselben hießen die Kirchspiele an der Lahn die sechs übrigen, die Kirchspiele zu Westerwald. Jene waren der fruchtbarste und schönste Theil der Grafschaft. Sie folgen hier zuerst.

[p. 9] 1.) Das Gericht Altendiez begreift das St. Peterskirchspiel, oder die Petersgemeinde in Dietz, mit den Dörfern Altendietz, Heistelnach, Auel, Gückingen und Hambach, das Kloster Dirstein, oder heutige Schloß Oranienstein, Ober- und Niederstaffel, jetzt Ein Ort, Freiendietz, den Hof Jacobsgelände und Hirschberg. Fachingen und Berlenbach gehörten nur zu fünf Achtel den Grafen von Diez, zwei Achtel waren durch einen unten vorkommenden Vergleich vom J. 1255. Westerburgisch geworden und zum Schlosse Schaumburg gehörig, ein Achtel hatten die von Mudersbach als Virneburgisch Lehena). Das besondere Gericht an diesen beiden Orten ward von den Gemeinschaftsherren besetzt. Das Altendietzer Gericht, [p. 10] welches auf dem Petersberge gehalten ward, und noch im J. 1309. vorkomme, ist nachher mit dem eigentlichen Stadtgericht zu Dietz vereinigt wordenb).

2.) Das Gericht Flacht bestand aus den Dörfern Flacht, Nieder-Neissen, Heuchelheim, einem ausgegangenen Dorf bei Ardeck, dem Schloß Ardeckc), Holzheim und Linter. Zu Flacht war außerdem noch ein Hofgericht des St. Florenzstifts zu Coblenz, zu Nieder-Neissen ein Hofgericht derer von Mosbach.

3.) Das Gericht Hahnstetten, zu welchem Hahnstetten, Ober-Neissen, Kaltenholzhausen, Netzbach, Lahrheim und Schussen gehörten. Der letzte Ort ist unter der jetzigen Regierung im J. 1790. durch Tausch an Nassau-Usingen gegen dessen Antheil an Mensfelden gekommen. — Von dem Zentgerichte waren die Vogtei und das Hubengerichte zu Ober-Neissen, ein Activlehen des Stifts St. Alban zu Maynz, unterschieden.

[p. 11] 4.) Das Gericht Lindenholzhausen hatte nur die drei Dörfer Lindenholzhausen, wo ein Weilburgisches Hofgericht war, Eschhoben und Mühlen unter sich. Durch den Vertrag von 1564. fiel es an Trier.

Durch eben diesen Vertrag ward die völlige Gerichtsbarkeit und Landeshoheit über Niederbrechen an Trier abgetreten, welches vorher nur das niedere Gericht innerhalb der Bannzäune an diesem Ort hatte. Die Gemarkung stand unter dem Dietzer Gericht Lindenholzhausen oder Dauborn, und mit dem Orte selbst unter dem Grafengerichte, oder der Landeshoheit der Grafen von Dietz.

5.) Das Gericht Dauborn erstreckte sich über Dauborn, Eufingen, das Kloster und den Hof Gnadenthal und den Hof Hausen.

Niederselters, durch seinen Mineralbrunnen berühmt, war zwar Patrimonial-Eigenthum der Herren von Limburg, und kam mit der Herrschaft Limburg an Kur-Trier. Jene und nachher Trier hatten auch das Eigen- oder Niedere Gericht im Orte, innerhalb der Bannzäune desselben. Die Gemarkung aber stand von Alters her unter dem Gerichte Dauborn, und, sowie der Ort selbst, unter der höheren Gerichtsbarkeit und Landeshoheit der Grafen von Dietz. Ein Vergleich zwischen Erzbischof Werner von Trier und Graf Adolf zu Nassau-Dietz vom J. 1396. (Freit. n. Lucia) bestimmte aufs Neue die beiderseitigen Gerechtsame sehr genau. Dietz behält das Hochgericht über Hals, Haupt und [p. 12] blutige Wunden. Die Einwohner zu Selters müssen an das Dietzer Landgericht und den geschworenen Montag folgen, den Grafen von Dietz, die Grafenhaber, Grafenhühner und Weidhämmel, Abgaben, welche nur der wirkliche Landesherr zog, entrichten, auch jährlich gewisse Fuhr- und Handdienste thun. Pfänden darf der Heimberger des Orts nur mit Zuziehung des Schultheißen zu Eufingen. In Kriegszeiten können die Grafen den Ort besetzen. Der von der Gemeinde zu wählende Heimberger muß den Grafen von Dietz huldigen. — So unbezweifelt hiernach die Dietzischen Hoheitsrechte über Nieder-Selters sind; so hat Trier sie doch gewaltsam an sich gezogen, und der darüber entstandene Rechtsstreit beruhet noch auf der Entscheidung des Austrangalgerichts.

6.) Der Derner-Zent oder das Gericht Nieder-Hadamar, aus den Dörfern Nieder-Hadamar, dem gewöhnlichen Sitz des Gerichts, Offheim, Dern, Dikirchen, dem Kloster Beselich, Ober- und Nieder-Weier, Ahlbach, Nieder-Ahlbach oder dem heutigen Hof Urselthal, Steinbach, Nieder-Diefenbach, Malmeneich zum Theil, und dem kleinen, nach 1564. ausgegangenen, Dorf Creuch bei Limburg, bestehend. Dieses letztere ward durch den Vertrag von 1564. an Trier abgetreten. Malmeneich gehörte zum Theil unter das Gericht Hundesangen. daher es auch jetzt noch Nassauisch und Trierisch ist. Ob der Hof Wibbach in diese Zent, oder in die Hadamarische Mark gehörte, ist unbekannt. Die, von [p. 13] Katzenelenbogen, nachher von Hessen, zu Lehen gehende von Hoenbergische Vogtei zu Nieder-Diefenbach hatte mit der Zentgerichtsbarkeit nichts zu schaffen.

Die Westerwälder Gerichte oder Kirchspiele waren:

7.) Das Gericht Hundesangen, oder die Orte Hundesangen, Oberhausen, Ober-Erlenbach, Malmeneich zum Theil, Putzbach, Weroth, Robach, Wallmeroth, Frenz und Beroth. Zu Robach war ein von Nassauisches Hofgericht.

8.) Das Gericht Nentershausen unter welchem Nentershausen, Görgeshausen, Nunborn auch Nuwern, Bergenscheid, Zespenroth, Ober-Usselbach, Nieder-Erlenbach, Geroth doer Gernroth, Großen-Holbach, und Wenigen-Holbach begriffen waren.

9.) Das Gericht Meudt mit den Dörfern Meudt, auch Meudt-Issen, Ober-Sein, Weidenhahn, Seinerholz, Ober- Mittel- und Nieder-Ainre oder Aer, Ettinghausen, Ehringshausen, Langwiesen, Zinnhausen, Robach zum Theil, Golthausen und dem Hofe Dalen. Zu Meudt war ein gemeinschaftliches Isenburgisches und Wiedisches, und Isenburg-Grensauisches Hofgericht; zu Weidenhahn ein Hofgericht der von Rehen und Waldmannshausen.

[p. 14] 10.) Das Gericht Salz oder die Dörfer Salz, Rode, Hausen, Neuenroth, Bilkamp, Westardt, Witzelbach, Hertlingen, Elben, Hinburg, Pfeiffenstertz, Rodenbach, Brandscheid, Mollingen, Kolbingen, Bergen, Wanscheid, Hahn, Ellmigen, Ober-Sein zum Theil, Hindorf auch Heindorf, und Seinsett oder Seinscheid auch Sahnscheid. Zu Hahn hatten die Reiffenberge ein Hofgericht.

Durch den Vergleich von 1564. wurden N. 7. 8. 9. und 10. Trierisch.

11.) Die Zente Rotzenhahn begriff Rotzenhahn, Bellingen, Langenhahn, Lochum, Todenberg, Enspel, Büdingen, Stockum, und das neuere Hintermühlen. Von dem Zentgerichte war die Hadamarische Vogtei zu Rotzenhahn unterschieden. Der Bezirk derselben war sehr weitläuftig. Ihre Grenzen liefen von Emmerichenhain an, durch einen Theil der Herrschaft Beilstein und der Grafschaft Sayn, über Dierdorf und die Altecke bey Neuwied, nach Hammerstein in den Rhein, von da über Montabauer, Els, Offheim, Beselich, den Knoten und Rehe bis wieder nach Emmerichenhain. Sämtliche in diesem Bezirk wohnende Vogtleute durften in Sachen, welche die Vogtei und Vogtgüter betrafen, nirgends anders, als bei dem Vogtgericht zu Rotzenhahn Recht suchen, und nehmen. Anderwärts wird vielleicht von dieser merkwürdigen Vogtei, welche auf das Haus Hadamar gehörig, vielleicht ein Ueberrest [p. 15] der alten Hadamarischen Comitie war, umständlicher gehandelt werden.

12.) Die Zente Hoen und Renneroth, zu welcher Hoen, Oellingen, Ailertchen, Hinterkirchen, Hölzenhausend), Püschen, Dreisbach, Kackenberg auch Kalkzberg, Schönberg, Urdorf, Hahn, Renneroth, Irmtraud, Winden ein ausgegangenes Dorf, Gerkenroth, Bertzhahn, Gersassen, Wilmerothe), Waldmühlen auch Walkmühlen, [p. 16] Dapperichf), Hellenhahn auch Hildenhain, wo Westerburg ein Vogtgericht hatte, Schellenberg, Neustadt, Pottum, welches aber mit Westerburg gemeinschaftlich war, und Schorrenberg, ein ausgegangenes Dorf, gehörten. Zu Hoen war ein besonderes Hubengericht der Abtei Marienstadt.

Außer diesen zwölf Gerichten waren noch in älteren Zeiten Theile der eigentlichen Grafschaft:

[p. 17] 13.) Das Gericht Villmar, zu welchem unter anderen auch Oberbrechen gehörte. Das gräfliche Recht oder die Landeshoheit der Dietzer Grafen über dieses Gericht war anfangs ganz unbezweifelt. Die Abtei St. Mathys zu Trier und die Herren von Isenburg, welche zugleich Vögte in Villmar waren, besassen aber den größten Theil des Gerichts als nutzbares Eigenthum. Beide erweiterten nach und nach ihre Gerechtsame, mit Schmälerung der Dietzischen, wovon in Ansehung Isenburgs unten in der Geschichte Graf Gerhard III. zu Dietz mehr vorkommen wird. Dietz ward zuletzt ganz daraus verdrängt. Die weiteren Schicksale dieses Gerichts, und wie es endlich ganz an Trier gekommen, sind schon aus der Geschichte Graf Johann I. zu Nassau-Beilstein bekannt.

14.) Die Zenten Schuppach und Ommenau, welche 1366. als Pfandschaft, und zehn Jahre nachher, als Lehen an Runkel kamen, und in dieser letzten Eigenschaft bei der Herrschaft Runkel bis auf den heutigen Tag geblieben sind. Unten wird davon in der Geschichte Gerhard VII. ausführlicher geredet werden.

15.) Das Gericht Panneroth ward der Gräfin Agnes von Dietz bei ihrer Vermählung mit Graf Eberhard VI. zu Katzenelenbogen im J. 1367. zur Aussteuer gegeben, und mit Burg Schwalbach vereinigt; kam mit der Katzenelenbogischen Erbschaft an Hessen, und im J. 1536. so wie das ganze Amt Burg Schwalbach, durch einen Austausch gegen die [p. 18] Nassauischen Rechte in Wetzlar, an das Haus Nassau-Saarbrückenff).

Als Nebenländer besassen die Grafen von Dietz entweder ganz oder in Gemeinschaft mit anderen Herren

1. die Herrschaft Ellar, welche auch vielfältig unter dem Namen der Vierzenten vorkommt. Sie scheint eine alte, vielleicht in der gemeinschaftlichen Abstammung gegründete Gemeinschaft der Grafen von Nassau Dietz gewesen zu seyn. Von Nassauischen Besitzungen in derselben kommen schon unter Henrich dem Reichen Spuren vor. In der Nassauischen Brüdertheilung zwischen Otto I. Söhnen im J. 1303. ward Ellar dem Grafen Emich zugetheilt. Das Dietzische Theil hingegen überließen die Grafen Gottfried und Gerhard zu Dietz im J. 1337. für 1400. Mark an den Grafen Johann von Nassau-Hadamar wiederkäuflich; und der Wiederkauf muß erfolgt seyn. Dann im J. 1367. steuert Graf Gerhard zu Dietz seine an den Grafen Eberhard zu Katzenelenbogen vermählte Schwester Agnes unter anderen mit Ellar und den Vierzenten aus. Schließlich sonderbar ists bei dem allem, daß weder in den Nassauischen noch Dietzischen Urkunden über jene Vorfälle, Ellar als eine Ge- [p. 19] -meinschaft bezeichnet wird.

Durch die angeführte Vermählung kam indessen Ellar wirklich an Katzenelenbogen, und was etwa die Nassau-Hadamarische Linie, als altes Nassauisches Eigenthum daran noch besessen hatte, zog Katzenelenbogen nach dem Tode der in dieses Haus vermählten Nassauischen Anna ebenfalls an sich. Doch ward durch den Vergleich vom J. 1408. die die Hälfte des Schlosses, und ein Drittel der dazugehörigen Gerichte, wieder Nassau an abgetreten. Beide Häuser, und nachher Hessen und Nassau, hatten seitdem ihre besonderen Amtleute über Ellar und eine besondere Kellerei in Ellar oder Hadamar, so daß diese Herrschaft von der Grafschaft Dietz jederzeit abgesondert blieb. Durch den Katzenelenbogischen Vertrag im J. 1557. kam Ellar endlich wieder ganz an Nassau zurück.

Die vier Zenten, aus welchen diese kleine Herrschaft bestand, und wovon sie auch den Namen der Vierzenten führte, waren:

a.) Die Zente Lahr, mit den Orten Lahr, Ellarg), Hinter-Meilingen, auch Lahrmeilingen, Waldernbach, Oberndorf [p. 20] einem ausgegangenen Orte, Fussingen und Hausen. Zu Lahr und Hausen kommen besondere Hubengerichte vor. Zu Fussingen war im sechzehnten Jahrhunderte ein mit zwei Schultheißen und mehreren Schöffen aus den Vierzenten besetztes Gericht, welches, wie es scheint, Berufungen in geringeren Sachen von den einzelnen Zentgerichten ergiengen.

b.) Die Zente Bleseberg, welche von der St. Blasiuskirche, in der Volkssprache: Klößkirche, unweit Frickhofen, den Namen führte, bestand aus den Dörfern Frickhofen, Dorndorf, Langendernbach, Waldmannshausen, Mühlbach und Dorchheim, und den ausgegangenen Höfen Gernbach und Sleyen. Im J. 1668. kam noch aus dem Westerburgischen Gericht Gemünden Wilsenroth hinzuh). In Mühlbach war eine Vogtei der Waldboten von Pfaffendorf.

c.) Zur Zente Nieder-Zeutzheim gehörten, das Dorf Nieder=Zeutzheim. Thalheim, Ober-Zeutzheim, Hangen-Meilingen und Heuchelheim. Zu Nieder-Zeutzheim war außer dem Zentgerichte auch das St. Georgengericht, oder ein Hubengericht des St. Georgenstifts zu Limburg. Dergleichen Hubengerichte, deren Hauptgeschäfte in der Beitreibung der Gefälle und Zinsen von gewissen Höfen und Gütern bestand, waren auch zu Ober-Zeutzheim und Thalheim.

[p. 21] d.) Die Zente Elsoff bestand aus den Dörfern Elsoff, Oberroth, Westernohe und Mittelhofen, samt dem Hofe Krempel.

Mit dieser alten Zenteintheilung stimmet übrigens die heutige Abtheilung der Kirchspiele noch vollkommen überein.

2.) Das Gericht Neunkirchen, oder die Dörfer Neunkirchen und Hüblingen, nebst den schon frühzeitig ausgegangenen Dörfern Enkenbach und Breidenbach. Dieses Gericht stand ursprünglich unter der gräflichen Gerichtsbarkeit oder Landeshoheit der Grafen von Dietz. Die Bewohner waren aber, wenn nicht sämtlich, doch größtentheils Leibeigene der Herrschaft Merenberg. Die Dynasten von Merenberg nahmen davon Anlaß, das Recht der Leibsherrschaft nach und nach in eine Gerichtsbarkeit zu verwandeln, und die Grafen von Dietz aus dem Besitze ihrer Hoheitsrechte, wo möglich, zu verdrängen. Zu mehrerer Befestigung der angemaßten Rechte ließ sich Merenberg von dem Hochstifte Worms mit der Vogtei zu Neunkirchen belehnen. Schon im dreizehnten Jahrhunderte entstand darüber Streit mit Dietz, in welchem die erwählten Schiedsrichter im J. 1278. (5. Id. Nart.)i) den Ausspruch thaten, daß die Grafen von Dietz bei ihrer hohen, oder peinlichen Gerichtsbarkeit, und bei ihren Einkünften aus dem [p. 22] Gerichte, oder, wie diese Gefälle anderwärts genannt werden, ihrem gräflichen Rechte, verbleiben, und die Einwohner an das Landgericht zu Winden zu folgen schuldig seyn sollten. Auch die Wildfänge werden den Grafen zugesprochen. Merenberg behält die niedere Gerichtsbarkeit. Später kommen, als ungezweifelte Rechte der Grafen von Dietz, auch die Jagd in dem zu dem Gerichte gehörigen Forstwald, und die Erhebung der Rauchhaber und Rauchhühner in den Dörfern vor. Die Merenberger übten ihre Gerichtsbarkeit durch ein in Neunkirchen bestelltes Huben- oder Vogtgericht aus. Mit der Herrschaft Merenberg gieng auch dieses Gericht an Nassau-Weilburg über, so wie die Dietzischen Hoheitsrechte nachher an die Nassau-Ottonische Linie kamen. Jahrhundertelang blieb Neunkirchen ein Zankapfel zwischen den beiderseitigen Nassauischen Häusern. Der Streit ruhete zwar einstweilen, als Nassau-Weilburg im J. 1643. dieses Gericht an Nassau-Hadamar versetzte; ein neuer entstand aber, als jenes 1664. die Pfandschaft einlösen, und Hadamar sich nicht dazu verstehen wollte. Die wirkliche Ablösung erfolgte erst im J. 1705., und nun kam es wieder zu neuen langwierigen, oft mit Thätlichkeiten verknüpften Streitigkeiten, und Processen bei den Reichsgerichten, welche endlich durch den völligen Austausch der beiden Orte Neunkirchen und Hüblingen, des dazu geschlagenen Weilburgischen Orts Rückershausen und des Forstwalds, [p. 23] gegen den Oranien-Nassauischen Antheil an der Gemeinschaft Löhnberg im J. 1773. (14. März) völlig beygelegt wurdenk).

3.) Mit Allendorf und Hasselbach, zwei unweit Merenberg gelegenen, jetzt Nassau-Weilburgischen Dörfern, hatte es ursprünglich wohl eben die Bewandniß, wie mit dem Gerichte Neunkirchen. Auch sie gehörten den Herren von Merenberg, standen aber unter Dietzischer Grafen-Gerichtsbarkeit oder Hoheit, und mußten Grafenhaber und Hühner entrichten. Merenberg, und nachher Weilburg, müssen aber schon frühzeitig die Dietzischen Rechte zu beschränken gewußt haben. Dann nach einem Weisthume vom J. 1527. galt es bereits für ein altes Herkommen, daß die Hoheit über diese Orte zwischen Dietz und Weilburg gemeinschaftlich sey. Das Gericht unter der Linde zu Allendorf ward daher gemeinschaftlich, durch einen Dietzischen [p. 24] und Weilburgischen Schultheißen, gehegt. Zu Graf Johann des Aelteren Zeiten hatte aber durch Krieg, Pest und andere Umstände die Hegung des Gerichts bereits seit Jahren nicht mehr Statt gefunden. Die Dietzischen Gerechtsame selbst waren damit in Abgang und Vergessenheit gekommen. Dann bekanntlich ließ man in älteren Zeiten vieles auf mündlichen Ueberlieferungen beruhen. Die Schöffengerichte waren die Aufbewahrer derselben. Der Vorgänger brachte sie durch mündlichen Unterricht auf seinen Nachfolger; der ältere auf den jüngeren Schöffen. In besonderen Gerichtssitzungen, welche jährlich an bestimmten Tagen gehalten wurden, bei welchen alle dem Gerichte untergebene Hausväter erscheinen mußten, und welche ungebotene Dinge, oder geschworene Montage genannt wurden, war eine der ersten und Hauptbeschäftigungen des Schultheißen, Zentgrafen oder Amtmanns, welcher das Gericht hegte, nach vorgelegten Fragen, von den Schöffen sämtliche Rechte des Gerichtsherrn weisen, oder aufzählen zu lassen, um sie in lebhaftem Andenken zu erhalten, und der Vergessenheit zu entreißen. Graf Johann der Aeltere drang verschiedentlich darauf, daß das Gericht wieder in Gang gebracht werden solle. Weilburg zögerte aber damit von einem Jahre zum anderen, wahrscheinlich um die alten Zeugen erst aussterben zu lassen. Von Dietzicher Seite brachte man zwar die Sache noch einigemale, selbst noch in der Mitte des siebenzehnten Jahrhunderts, in Anregung, betrieb sie aber niemals ernstlich, und ließ [p. 25] sie endlich ganz ruhen, wodurch dann die Dietzer Hoheitsrechte über diese Orte nach und nach völlig erloschen. Hasselbach ist jetzt eine Kur-Trierische und Nassau-Usingische Gemeinschaft.

4.) Die Esterau oder Esterneigen, und Estengericht mit dem Schlosse Laurenburg und den Orten, Esten oder dem heutigen Flecken Holzappel, Langschied, Geilnau, Kalkhoben, Dörnberg, Scheid, Haffgenscheid, ein ausgegangener Ort, vielleicht auch mit Scheid einerlei, Horhausen, Bergen, Bruchhausen, Billenstein, zum Hane, Kirchhain und Gershausen, war altes Nassauisches Eigenthum, und eine der ersten Besitzungen dieses Hauses. Sie blieb deßwegen auch in der Haupttheilung zwischen beiden Nassauischen Linien im J. 1255. gemeinschaftlich. Daß die Grafen von Dietz an dieser Gemeinschaft theil hatten, kommt zuerst im J. 1362. (9. Mai) vor, als Graf Gerhard zu Dietz, Cunen von Falkenstein, seine sämtlichen Schlösser öffnet und dabei Laurenburg ausnimmt. Wie Dietz zu dieser Gemeinschaft gelangt war, ist nicht ausfindig zu machen. Vielleicht war die Esterau Stammguth gemeinschaftlicher Vorelternl). Vielleicht hatte Jut- [p. 26] -te, Graf Emich zur Nassau-Hadamar Tochter, ihrem Gemahl Graf Gerhard VI. zu Dietz einen Theil der Esterau zum Heirathsgut mitgebracht. Ihr Sohn Gerhard VII. stattet wenigstens seine Schwester Agnes bei ihrer Vermählung mit Graf Eberhard zu Katzenelenbogen 1367. (crast. Martin.) mit einem Theile an derselben aus, und eben so 1376.(30. Nov.) seine Tochter Jutte bei ihrer Vermählung mit Graf Adolf zu Nassau-Dietz, mit einem anderen Theile. Dieses letztere kam durch Adolfs Tochter weiter an Epstein, und im J. 1453. durch Kauf ebenfalls an Katzenelenbogen, welches außer dem bereits 1367. durch Heirath erworbenen Theile, auch noch ein Stück des Nassauischen Antheils von der Gräfin Anne von Nassau-Hadamar, Diethers VI. zu Katzenelenbogen Wittwe im J. 1403. erkauft hatte. Durch den Katzenelenbogischen Vertrag fielen endlich sämtliche von Katzenelenbogen auf Hessen vererbte Antheile im J. 1557. an die Nassau-Ot- [p. 27] -tonische Linie zurück, welche nun drei Viertel der ganzen Esterau zusammen hatte, und im J. 1631. auch die Nassau-Saarbrückische Quart gegen Alten-Weilnau eintauschte. Graf Johann Ludwig zu Nassau-Hadamar verkaufte aber im J. 1643. die ganze Esterau, mit der Nassauischen, aus den Dörfern Usselbach, Ruppenroth und Eppenroth bestehenden Vogtei Usselbach, dem Kaiserlichen General Peter Melander, oder Holzappel, für 64000 Rthlr. Die Esterau ward dadurch in eine Grafschaft Holzappel verwandelt, und durch Peters Wittwe mit der von Westerburg im J. 1656. erkauften kleinen Herrschaft Schaumburg an der Lahn vereinigt. Eine Holzappelische Tochter brachte sie in der Folge dem Prinzen Adolf von Nassau-Dillenburg zu, durch dessen jüngste Tochter sie endlich an eine Nebenlinie des Hauses Anhalt- Bernburg gekommen ist.

5.) Das Gericht oder Amt Kirberg, welches vor Entstehung des Fleckens Kirberg unter dem Namen der Zente Nauheim vorkommt, begreift die Orte Kirchdorf, Sindersbach und Bubenheim, aus welchen nach dem J. 1355. der Flecken Kirberg errichtet ward, Heringen, welches in alten Zeiten zwei Dörfer gleiches Namens ausmachte, Ohren auch Aren, Nauheim auch Neuenheim, und Neesbach oder Nestebach. Dieses Amt war altes Dietzisches Eigenthum. Graf Gerhard zu Dietz musste aber im J. 1355.nach einer unglücklichen Fehde, den Grafen Johann zu Nassau-Merenberg in eine völlig gleiche Gemeinschaft [p. 28] daran, jedoch mit Ausschluß seiner Domainen und des Zolles, aufnehmen. Mit der Grafschaft Dietz kam auch die Gemeinschaft an Kirberg auf die Nassau-Ottonische Linie, und bei der Theilung der Grafschaft zwischen Nassau und Epstein im J. 1420. ward letzterem von Nassau-Dietzischer Seite zugestanden, gegen Erlegung 2000. Gulden die halbe Dietzische Gemeinschaft an Kirberg, oder ein Viertel des ganzen einzutreten, wenn die Nassau-Wallramische Linie es zugeben würde. Diese verweigerte aber ihre Einwilligung, und so blieb Kirberg, wie es noch ist, eine Gemeinschaft der beiden Nassauischen Hauptlinien.

Uebrigens war dieses Amt von jeher ein Allodium. Nur trugen die Grafen von Dietz, wie aus einer Urkunde vom J. 1336. (15. Jun.) hervorgehet, ihren Hof zu Kirberg, mit dem großen und kleinen Zehnten allda, von der Abtei Hirschfeld zu Lehen. Diese Lehensverbindlichkeit muß aber frühzeitig aufgehört haben, weil seit jenem Jahre sich keine Spuren mehr davon finden.

6.) Das Gericht oder Amt Camberg, aus dem Flecken Cambergll), und den Dörfern [p. 29] Ober-Selters, Erbach, auch Erlebach, Schwickershausen, Dombach, auch Dodenbach und Dunebach, Würges, in älteren Zeiten Wydergis, und Hainchen bestehend, war, wie Kirberg, ein altes Allodium der Grafen von Dietz. Mit der Grafschaft Dietz kam dasselbe im J. 1388. an Graf Adolf zu Nassau, und durch den Vergleich von 1420. zur Hälfte an Epstein. Weil aber Epstein nicht zur Theilnahme an der Gemeinschaft Kirberg gelangen konnte, so ward ihm dagegen noch ein Viertel an Camberg für 2000. Gulden abgetreten. Im J. 1453. verkaufte Epstein ein Viertel an die Grafen von Katzenelenbogen, welches hiernächst an Hessen, und durch den Katzenelenbogischen Vertrag im J. 1557. wieder an Nassau zurückfiel. Nassau war also seitdem wieder in den Besitze der Hälfte. Die andere Hälfte kam nach Ausgang der eigentlichen Eppsteinischen Linie an die Königsteinische Linie dieses Hauses, welche auch ein Viertel der Grafschaft Dietz besaß. Als aber der Mannsstamme der Grafen von Königstein im Jahre 1535. ebenfalls erlosch, und Trier deren Theil der Grafschaft Dietz sich als ein heimgefallenes Lehen zueignete; setzte sich dieses Erzstift auch mit Gewalt in den Besitz der Königsteinischen Hälfte an Camberg, obgleich hier der Vorwand eines Lehens- [p. 30] -anfalls fehlte. In dem Vertrage über die Grafschaft Dietz vom J. 1564. blieb daher auch Camberg ausgesetzt, und Trier ist seitdem noch immer in ungetheilter Gemeinschaft mit Nassau.

7.) Das Dorf Mensfelden liegt in dem Bezirke des Dietzischen Gerichts Flacht, stand auch, wie fast nicht zu zweifeln ist, ursprünglich unter dem Dietzer Grafengerichte, oder der Dietzischen Landeshoheit. Es hatte aber damit gleiche Bewandniß, wie mit Selters, Neunkirchen und anderen Orten. Die Herren von Schaumburg und von Limburg, hatten, so viel aus den älteren mangelhaften Nachrichten abzunehmen ist, die Leibsherrschaft über die dasigen Einwohner, auch eigenthümliche Güter allda. Gerlach, Herr zu Limburg, empfieng sein Antheil daran im J. 1333. (24. Jan.) von Trier als Burglehen zu Montabauer, vermuthlich in Gemäßheit eines älteren Lehnsauftrags. Schaumburg scheint aber den größten Theil besessen, und ursprünglich auch das Eigengericht im Orte, oder die niedere Gerichtsbarkeit über die Leibeigenen gehabt zu habenm). Wie anderwärts, so auch hier, ward diese Gerichtsbarkeit innerhalb der Bannzäune, durch Anmaßung mehrerer Rechte, von Seiten der Gerichts- [p. 31] -herren, in eine Landeshoheit verwandelt. Die Hoheit bis an die Bannzäune, oder über die Gemarkung des Orts, und der darunter begriffene Blutbann, mit der Jagdgerechtigkeit, verblieben aber den Grafen von Dietz, welchen auch der Kirchsatz und der Zehnte zu Mensfelden zustand. Die von Reinberg waren damit von Dietz, und nachher von Nassau belehnt, bis im J. 1615. (14. Jun.) mit dem Tode des letzten vom Mannsstamme, Johann Marquards von Reinberg, das Lehen dem Hause Nassau wieder anheimfiel. Von Mensfelden selbst kam das Schaumburgische Theil mit der Herrschaft Schaumburg an die Herren von Westerburg, welche seitdem in den alten Weisthümern als die eigentlichen Oberherren erscheinen; das Limburgische aber, nach dem Ausgange der Herren von Limburg, an das Erzstift Trier. Im sechzehnten Jahrhunderte kommt auch Nassau-Saarbrücken als Theilhaber vor. Wie es dazu gelangt war, ist unbekannt. Westerburg hatte vier Theile, Trier Einen, und Nassau-Saarbrücken Einen Theil. Durch Verkauf kamen die Westerburgischen Antheile zwischen den Jahren 1640. und 1650. an die Waldecker von Kempt, 1728. aber weiter an Kur-Trier. Das Nassau-Saarbrückische Theil ward im J. 1790. (22. März) von Oranien-Nassau gegen das Dorf Schiesheim im Gericht Hahnstetten eingetauscht. Seitdem stehet also der Ort unter gemeinschaftlicher Trierischer und Oranien-Nassauischer Hoheit. Ueber die Hoheitsrechte bis an die Bannzäune walteten [p. 32] von jeher mancherlei, zuweilen in Thätlichkeiten ausgebrochene, und bei den Reichsgerichten noch unentschiedene Streitigkeiten vor. Oranien-Nassau ist indessen im Besitze geblieben, und erhebet daher auch den güldenen Weinzoll auf dem in Mensfelder Gemarkung erbaueten Zollhause.

8.) Die Herrschaft Weilnau war altes Eigenthum der Grafen von Dietz, an der Weil, zwischen der Herrschaft Runkel, dem Amte Camberg, den Herrschaften Idstein und Reifenberg, dem Amte Wehrheim und den Aemtern Weilburg und Weilmünster gelegen. Sie bestand aus dem Schlosse und Flecken Weilnau, später Alten-Weilnau genannt, den Dörfern Rudelbach, Steinfischbach, Mauluff, Emmerichshausen, auch Emmerzhausen, Winden, Langenbach, welche nach der Theilung vom J. 1303. die Herrschaft oder das Amt Alten-Weilnau ausmachten; sodenn aus dem im J. 1302.von Graf Gerhard zu Dietz erbauten Schlosse Rödelenberg, nachher Neu-Weilnau, Usingen, Gräfenwisbach, nachher Wisebach, Mütte, auch Isenmütte, jetzt Möttau, Altenkirchen, Roth an der Weil. Auch kommen Lauken, Pissenbach, Stalenhayn, Grefenroth, Fischebach, Elghofen, Nieder-Fischebach und Dodenberg, mehrmals, als zu der Herrschaft Weilnau gehörig, vor; und das Amt Wehrheim wird ebenwohl zuweilen darunter begriffen. Die letztgenannten Orte scheinen aber meistens schon im fünfzehnten [p. 33] Jahrhundert davon abgekommen zu seyn. Beide Linien des Dietzer Grafenstammes besassen die Herrschaft in ungetheilter Gemeinschaft bis zum J. 1303., obwohl die jüngere Linie von dem alten, bis dahin ebenfalls gemeinschaftlichen Schlosse Weilnau den Namen führte. Nachdem aber Graf Gerhard zu Dietz, vermöge eines Vertrags von 1302. (fer. 6. ante Joh. Bapt.) seinen Vettern, Henrich und Reinhard von Weilnau, ein neues Schloß, in der Nähe des alten, auf dem Berge Rödelenburg hatte bauen müssen, welches hiernächst Neu-Weilnau genannt ward; entstanden auch zwei besondere Herrschaften. Alten-Weilnau mit dem Schlosse gleiches Namens fiel der Dietzischen; Neu-Weilnau der Weilnauischen Linie allein zun).

Von Alten-Weilnau versetzte Graf Gerhard zu Dietz 1370. (11. Nov.) für 3000. Goldgulden die Hälfte an Walthern von Cronenberg, dessen Nachkommen auch noch im J. 1434. in deren Besitz waren. Die andere Hälfte, nebst dem Einlösungsrechte der verpfändeten Hälfte, kam mit der Grafschaft Dietz an den Grafen Adolf von Nassau, welcher mit seinem halben Theile, oder einem Viertel des [p. 34] ganzen, im J. 1401. seine an Gottfried Herrn zu Epstein vermählte Tochter Jutte aussteuerte, und ihrem Gemahle zugleich die Einlösung der Cronenberger Pfandschaft mit dem Vorbehalte abtrat, daß Gottfried ihm wieder die Hälfte derselben zu lösen gestatten müsse. Durch die Vergleiche über die Grafschaft Dietz zwischen Nassau und Epstein nach Adolfs Tode (1420. d. Vis. Mar. 1423. Dienst. v. Mart. und 1428. Sabb. p. Pentec.) blieb es bei der in der Eheberedung enthaltenen Bestimmung. Nur ward das Einlösungsrecht unbedingt an Epstein abgetreten; es findet sich aber nicht, wenn die wirkliche Ablösung erfolgt ist. Im J. 1453. verkaufte Epstein, mit einem Theile der Grafschaft Dietz, auch ein Viertel von Alten-Weilnau, an Katzenelenbogen, mit welcher Grafschaft es an Hessen, und durch den bekannten Vertrag zu Frankfurt im J. 1557. wieder an das Nassau-Katzenelenbogische Haus kam. Hierdurch brachte dieses also abermals zwei Theile oder die eine Hälfte zusammen. Dann der zwischen Graf Wilhelm zu Nassau und Eberhard zu Königstein im J. 1530. (Donn. n. Christt.) getroffene Tausch über das Nassauische Viertel an Weilnau und Camberg gegen das Epsteinische Viertel der Grafschaft Dietz, war durch die Trierische Anmaßungen vereitelt worden.

Kur-Trier hatte nemlich, bei der gewaltthätigen Besitznehmung der Grafschaft Dietz nach des gedachten Eberhards Tode, sich, unter hessischer Begünstigung, auch in die halbe Gemeinschaft an Alten-Weilnau eingedrungen, obgleich diese Herrschaft nie [p. 35] Trierisches Lehen gewesen war, wohl aber in älteren Zeiten unter dem vorlängst in Abgang gekommenen Ober-Eigenthum der Abtei Hirschfeld gestanden hatteo). Nach langwierigen Verhandlungen, trat jedoch das Erzstift durch den Vergleich vom J. 1564. (6. Mai) die Hälfte von Alten-Weilnau an den Grafen Ludwig zu Stolberg Königstein, ab, und verziehe auf seine anmaßliche Lehnsherrlichkeit, wogegen Ludwig auf seine Hälfte an Camberg Verzicht leisten mußte. Eben dieser Graf überließ nachher seine Hälfte von Alten-Weilnau an Graf Philipp IV. zu Nassau-Weilburgp) wiederkäuflich und, wie es scheint, bald [p. 36] darauf auch erblich — Die Nassau-Katzenelenbogische Hälfte versetzte Graf Johann der ältere 1570. (auf Nat. Mar.) an Albrecht von Dienheim für 10000. Gulden; ließ sie aber 1595. (15. Sept.) durch seinen Schwiegersohn den Grafen Johann Ludwig zu Nassau-Wiesbaden wieder einlösen. An dessen Wittwe zahlte im J. 1613 Graf Ernst Casimir zur Nassau-Dietz den Pfandschilling zurück, und trat diesen Nassau-Katzenelenbogischen Theil an Alten-Weilnau seinem Bruder Johann Ludwig zu Hadamar ab; welcher denselben endlich im J. 1631. (7. Sept.) gegen das Nassau-Saarbrückische Antheil an der Esterau und baare 6640. Rthlr. den Grafen Wilhelm Ludwig und Johann zu Nassau-Saarbrücken erblich vertauschte.

Neu-Weilnau war seit 1303. alleiniges Eigenthum der Weilnauischen Grafen. Im J. 1326 (in Vig. Joh. Bapt.) verpfändete aber Graf Henrich diese kleine Herrschaft an Sifried Herrn von Runkel, Propst zu Gemünden, für 1750. Mark Pfennige, welcher sie noch in dem nemlichen Jahre (auf Allerheiligen) an Graf Gerlach zur Nassau-Saarbrücken überließ. Diese Pfandschaft ward im J. 1405. (die Mar. Magd.) in einen Erbkauf für die Summe von [p. 37] 12000. Gulden verwandelt, und Neu-Weilnau ist seit dem völliges Eigentum des Nassau-Saarbrückischen Hauses.

9.) Das Amt Wehrheim, aus dem Flecken Wehrheim, den Dörfern Ansbach und Obernhain, und dem ehemaligen Kloster Thron bestehend, war, so wie Weilnau, altes Eigenthum der Dietzer Grafen. Nur der Hof auf welchem das Kloster Thron erbauet ward, und ein Theil der dazu gehörigen Ländereien waren Reichslehen gewesen, hatten aber diese Eigenschaft bereits unter König Wilhelm von Holland verlohren. Nach dem Ausgange des Dietzischen Mannsstammes hatte Wehrheim mit Alten-Weilnau einerlei Schicksal, kam erst an Graf Adolf zu Nassau-Dietz, dann an Nassau und Epstein in Gemeinschaft; von letzterem ward ein Viertel an Katzenelenbogen verkauft. Dieses Viertel fiel nachher an Hessen, und durch den Katzenelenbogischen Vertrag wieder an Nassau. So wie bei Camberg und Alten-Weilnau drang sich aber Trier nach dem Tode Eberhards von Königstein, mit Gewalt auch in die Gemeinschaft an Wehrheim, und ist seitdem in derselben verblieben.

Zu dem Amte Wehrheim ward in älteren Zeiten auch der Flecken Ober-Rosbach in der Wetterau gerechnet. Gerhard VII. versetzte aber sein halbes Theil im J. 1372. an Walther von Cronenberg, und das Einlösungsrecht ward in dem Vertrage zwischen Nassau und Epstein über die Grafschaft Dietz vom J. 1423. an die Herren von Epstein abgetreten. [p. 38] Mit einer Cronenbergischen Tochter kam diese Pfandschaft an Solms, von welchem Epstein sie 1480. (22. Dec.) einlösete, und 1489. (Mont. n. Voc. Juc.) an Hessen überließ, nachdem es bereits 1453. (13. Jul.) einen ihm außerdem zustehenden Theil, an Katzenelenbogen verkauft hatte.q).

Die Gerichtsverfassung in der Grafschaft Dietz war von der Nassauischen wesentlich nicht verschieden. Es bedarf also keiner Wiederholung dessen, was davon im ersten Theile vorgekommen ist. Die Zentgerichte, in welche die Grafschaft vertheilt war, giebt schon die geographische Beschreibung an. Eben so die Vogt- und Hubengerichte an mehreren Orten, so weit davon noch Nachrichten vorhanden sind. Man wird bemerken, daß deren Zahl, in Vergleichung mit dem Nassauischen, weit größer in der Grafschaft Dietz als dorten war, wovon der Grund in der weit größeren Anzahl der Geistlichen- und Adelsgüter in der Grafschaft Dietz zu suchen ist. — Außer den Zentgerichten hatte die Grafschaft ein Landgericht, welches zu Reckenforst, einem offenen Platze zwischen Dietz und Lim- [p. 39] -burg, gehalten ward. Dieses war das eigentliche Grafen- oder Freigericht, vor welches hauptsächlich alle peinlichen Fälle gehörten. In wichtigeren Sachen ward aber auch an dasselbe von den Zentgerichten appellirt. — Das Landgericht, welches jährlich bei dem ehemaligen Dorfe Winden für die Westerwäldischen Kirchspiele der Grafschaft Dietz gehalten ward, scheint kein peinliches, sondern nur ein Appellations-Gericht in Civilsachen gewesen zu seyn. — Das Landgericht auf dem Westerwald ward von den Stühlen, auf welchen Richter und Schöffen auf einem offenen Platze unter einer Linde saßen, dass Stuhl- oder Stuhllindengericht, auch wohl nur, die Stühle, benannt. Das alte Amt Renneroth hat davon bis in die neuesten Zeiten den Namen des Stuhlgebiets behalten. — In der Mitte des sechzehnten Jahrhunderts ward zwar von den Gemeinschaftsherren der Grafschaft Dietz ein ständiger Oberhof, oder ein besonderes Appellationsgericht errichtet, bei welchem mit Aufhebung der bisher üblichen Landfolge, oder Einberufung der Zentgrafen und Schöffen vom Lande, zwölf ständige Schöffen angeordnet wurdenr). Als eigentliches peinliches Gericht blieb aber doch das Landgericht zu Reckenforst bis in die neueren Zeiten.

[p. 40] In Ansehung der Kirchlichen Verfassung gehörte die Grafschaft Dietz zur Trierischen Dioeces und insonderheit zu dem Archidiaconat des H. Lubentius zu Dikirchen und war unter die zwei Rural-Capitel zu Dikirchen und Kirberg vertheilt. Die Pfarreien des ersteren im Dietzischen waren: Dikirchen, Hundsangen, Meud, Lahr, St. Peter zu Dietz, Nentershausen, Erlebach, Offheim, Zeutzheim, Salz, Bleseberg, Walmeroth, Rotzenhahn, Neunkirchen, Diefenbach, Allendorf, Dern und Hollbach. Unter dem Kirberger Decanate standen: Flacht, Niederbrechen, Camberg, die Dietzer Stiftskirche, das Kloster Dirstein, Strenz, Steinfischbach, Freiendietz, Kirberg, Hahnstetten, Mensfelden, Eufingen, Ober-Neissen, Panneroth, und Fachingen, nebst den Capellen zu Heringen und Nieder-Selters.s) — Alten-Weilnau und Wehrheim standen, als zur Wetterau gehörig, unter dem Archidiaconate der H. Marie zu den Greden (B. M. V. ad Gradus) zu Mainz und dem Capitel zu Friedberg, obwohl die Wehrheimer Pfarrei selbst dem Stifte Dietz einverleibt war, und von diesen Stiftsherren, oder einem von ihnen angeordneten Geistlichen, bedient wurde.t)

Von den ehemaligen Klöstern im Dietzischen ist das älteste Beselich. Ein Priester Gottfried — [p. 41] dessen Geschlechtsnamen uns nicht aufbehalten ist, schenkte die auf dem rechten Ufer des Lahnstroms, einige Stunden von Hadamar durch ihn erbaute und dotirte Kirche dieses Namens der Prämonstratenser-Abtei Arnstein im J. 1163. mit einem bei der Kirche liegenden Hof und dazu gehörigen Zehnten, unter Bestätigung Erzbischofs Hillin von Trieru). Die Abtei benutzte diese Schenkung zur Errichtung eines adelichen Nonnenklosters, Augustinerordens, welche sich nach und nach durch Vermächtnisse und Schenkungen immer mehr bereicherte, und beträchtliche Güter, Zehnten und andere Einkünfte besonders im Runkelischen und Hadamarischen, zu Schuppach, Nieder- und Oberdiefenbach, Wirbelau, Ommenau, Thalheim, Nieder- und Oberweier, Niederzeutzheim, Hoben, Dikirchen, Odensbach, Ober- und Niederlahnstein, Heckholzhausen und anderwärts, an sich brachte. In den ersten Decennien des fünfzehnten Jahrhunderts ward zwar die Ruhe und der Wohlstand des Klosters durch eine bei einem feindlichen Ueberfall erlittene Verheerung dermaßen gestört, daß nur zwei Nonnen in den Trümmern desselben zurückgeblieben waren. Es erholte sich aber bald wieder, und heilige Klosterjungfrauen vegetirten hier noch über anderthalb Jahrhunderte in frommem [p. 42.] Müßiggange fort. Die Reformation lösete endlich ihren, wie so manchen anderen Convent, allmählig auf, erregte aber auch hier, wie anderwärts, Streit über die Güter und Einkünfte des säcularisirten Klosters.

Beselich lag auf alter Dietzicher Hoheit. Die Grafen zu Nassau-Katzenelenbogen und Dietz hielten sich deswegen auch berechtigt, über das eingegangene Kloster und dessen Eigenthum nach Gutdünken zu schalten, und nahmen es im J. 1612. in Besitz. Runkel wollte aber, nach dem Grundsatz, welchen mehrere Reichsstände in neueren Zeiten vergeblich geltend zu machen versucht haben, die Güter und Gefälle des Klosters im Runkelischen sich zueignen, nahm sie auch drei Jahre lang in Beschlag. 1615. 5. Apr. ward dieser Streit verglichen. Runkel will die hinterhaltenen Renten herausgeben. Aus dem Kloster soll ein Hospital oder Armenhaus errichtet werden. Nassau und Runkel sollen die Pfründen in gleicher Zahl vergeben. Jenes behält die Direction als Eigenthumsherr des Klosters und Runkelischer Lehnsherr.

Ein neuer Streit gab bald wieder zu neuen Veränderungen Anlaß. Runkel ließ im J. 1624. zu Behauptung seiner anmaßlichen Landeshoheit zwei Pfründner gewaltsam aus dem Hospital wegführen, und hinterhielt von neuem die Klostergefälle im Runkelischen. Das Kammergericht zu Speyer erließ dagegen ein Mandat, aber ohne Wirkung, und während dem Nassau und Runkel über einen Theil des [p. 43] ehemaligen Klostereigenthums stritten, nahm ein neuer Competent das ganze in Anspruch.

Der Prämonstratenser Orden, durch die Uebermacht der Römischcatholischen Religionsparthei in diesen Gegenden gereitzt, ließ im J. 1628., unter Kaiserlicher Autorität, von Beselich und seinem Zugehör Besitz nehmen. Kaiserliche Truppen waren im Nothfall bereit, den Orden bei dem ergriffenen Besitz zu schützen. Graf Johann Ludwig zu Nassau Hadamar zum Widerstande zu schwach, heimlich vielleicht schon der catholischen Religion zugethan, ließ den 11. Jun. 1629. dem Provisor des Ordens die Kloster-Urkunden und Register abliefern. Aus einem Hospital ward abermals ein Kloster.

Die Dauer desselben war kurz. Graf Johann Ludwig ging zu Ende des J. 1629. öffentlich zur catholischen Religion über. Aus Dankbarkeit gegen die Jesuiten, seine Bekehrer, und zur Erleichterung der ihnen aufgetragenen Reformation seines Landes, beschloß er die Errichtung eines Jesuiter Collegiums in seiner Residenz Hadamar. Pabst Urban VIII. ertheilte ihm durch ein Breve vom 12. April 1631. die Erlaubniß, das neue Collegium mit den Gütern und Renten Beselichs nicht nur, sondern auch des Collegiatstifts zu Dietz, und der Klöster Dirstein, Gnadenthal und Thron zu dotiren. Die Abreise des päbstlichen Nuntius aus Deutschland, vielleicht auch die fortwährenden Kriegsunruhen, hemmten die völlige Ausführung seines Plans bis zum J. 1637. Jetzt sprach nach einem weiteren Breve Urbans VIII. [p. 44] vom 4. Aug. des gedachten Jahres der damalige Nuntius zu Cölln jene Klöster förmlich zu. Pater Winkelmann Superior der Nassauischen Mission, die sich bisher mit mehreren Gliedern seines Eroberungssüchtigen Ordens im Schlosse zu Hadamar aufgehalten hatte, versuchte nun, seinen Orden in den Besitz dieser reichen Beute zu setzen es gelang ihm nur mit dem unter Johann Ludwigs Botmäßigkeit stehenden Beselich. Hier hielt er am 3. Jul. 1638. zum Beweis der Besitzergreifung, den ersten Gottesdienst. Vergeblich sträubten sich die Prämonstratenser gegen den Verlust ihres Klosters. Eine Klage bei dem Reichshofrath blieb durch den starken Einfluß des mächtigen Gegners fruchtlos. Selbst die Römische Curie verwarf die Ansprüche der Prämonstratenser. — Neue Anfechtungen von Seiten der Nassauischen Agnaten, nach dem Westphälischen Frieden, machte Johann Ludwig ebenfalls unwirksam. Nach mancherlei Hindernissen kam sein Lieblingswerk, freilich nicht ganz dem ersten Plane gemäß, im J. 1652. zu Stande. Aus dem neuerstandenen Prämonstratenserkloster ward ein Jesuiterhof.

Noch hatten Beselichs Verwandlungen kein Ende. Die Jesuiten verkauften im J. 1656. das in ein Wirthschaftsgebäude umgeschaffene alte Kloster, mit der Kirche, der Mühle, der Klostergütern und Waldungen, dem Fürsten Moritz Henrich zu Nassau Hadamar, für eine jährliche Rente von 325. Rthlr. So ward Beselich selbst, was es noch ist, ein herrschaftliches Hofgut. Die übrigen dazugehörigen Güter und Gefälle verblieben der Hadamarischen Jesuiter [p. 45] Residenz, von deren weiteren Schicksale anderwärts zu reden seyn wird. Hier ist nur noch zu bemerken, daß nach Aufhebung des Ordens dessen Fonds zur Stiftung des Catholischen Gymnasiums zu Hadamar verwendet wurden, und Beselich als die Grundlage dieses nützlichen Instituts anzusehen ist.

Von dem ungefähr eine Viertelstunde von Dietz, ganz nahe an der Lahn auf dem linken Ufer derselben erbauten Nonnenkloster Benedictiner Ordens, oder wie es auch genannt wird, Stift St. Johann des Täufers zu Dirstein, ist weder der Stifter, noch das Stiftungsjahr bekannt. Die Errichtung des Klosters geschahe aber vor 1221. In diesem Jahre (Vig. Phil. Jac.) ward die Klosterkirche von Erzbischof Dietrich zu Trier eingeweihet. Zugleich kommt Graf Henrich zu Sayn in einem Schenkungsbriefe über seine Güter zu Mensfelden an das Kloster, als Klostervogt in Ansehung der Güter zu Mensfelden vor (1221. s. d.). Vielleicht war er selbst auch der Stifter, oder hatte doch Theil an der Stiftung genommen. — Ob diese ausschlieslich auf adeliche Klosterjungfrauen gerichtet gewesen, bleibt daher unentschieden. Doch ist es wahrscheinlich, weil keine andere als adeliche Nonnen vorkommen. — Der Geist der Zeiten bereicherte sehr bald das Kloster mit schönen Gütern und Einkünften, hauptsächlich zu Ahlbach, Altendietz, Auel, Dietz, Elz, Eschhoben, Freiendietz, Gückingen, Hambach, Hahnstetten, Heistenbach, Heuchelheim, Horchheim, Langschied, Limburg, Meilingen, Mensfelden, Nentershausen, Netzbach, [p. 47] Nieder-Brechen, Ober- und Nieder-Neissen, Offheim, Staffel, Steden, Walsdorf, Ober- und Nieder-Weier, Winningen an der Mosel. So dauerte ohne merkwürdige Veränderungen auch noch einige Zeit nach dem Anfange der Kirchenreformation dieses Kloster fort, weil die Trierische Gemeinschaft an der Grafschaft Dietz der Ausbreitung der Reformation mancherlei Hindernisse in den Weg legte. Nach dem Vertrage vom J. 1564. und unter der Regierung Graf Johann des älteren, ging der Klosterconvent nach und nach ein, die Güter des Klosters wurden, so weit sie innerhalb der Landesgrenzen lagen, eingezogen, und durch das Testament Graf Johanns, so wie die der übrigen eingegangenen Klöster und Stifter, zu Kirchen- und Schulverbesserungen bestimmt. Während des dreißigjährigen Kriegs entstanden zwar noch mancherlei Streitigkeiten darüber, theils mit Kur-Trier, theils mit dem Prämonstratenser-Orden selbst, theils und hauptsächlich mit dem zur catholischen Religion übergetretenen Graf Johann Ludwig zu Nassau-Hadamar, welcher sie seinen Lieblingen, den Jesuiten, zuwenden wollte. Die reformirte Nassau-Dietzische Linie erhielt sich indessen im Besitze, und der Westphälische Friede sicherte sie gegen weitere Anfechtungen. — Graf Johann der ältere hatte die Hohe Schule zu Herborn in dem Stiftungsbriefe und in seinem Testamente mit den Gütern und Einkünften dieses und anderer Klöster dotirt. Die Hohe Schule benutzte dieselbe auch seitdem, obwohl unter mancherlei Beeinträchtigung und Verlust, besonders in Ansehung der unter frem- [p. 47] -der Hoheit liegenden Güter, verkaufte aber im J. 1676. (13. Apr.) alles was ihr von den ehemaligen Klostergütern geblieben war, für 8388. Rthlr., der Fürstin Albertine zur Nassau-Dietz, welche bereits einige Jahre vorher auf der Stelle des alten Klosters das Schloß Oranienstein zu bauen angefangen hatte. Außer dem Klosterplatze und dem dabei liegenden beträchtlichen Hofgute, mit Gärten und Weinbergen, waren in dem Kaufe begriffen: ein Hof Hambach, zu Gückingen, zu Auel, zu Heistenbach, der Krebs- Filgen- und Weltershof zu Altendietz, der Gampfen- und Blumenhof zu Staffel, die Höfe zu Freiendietz, Hahnstetten und Lahrheim, zwei Höfe zu Netzbach, ein Hof zu Mensfelden, Eschhoben, Elß und Schuppach, nebst mehreren Zenten und Gülden, welche seitdem unter dem Namen der Oraniensteiner Kellereihöfe, als herrschaftliche Domainen verwaltet und behandelt wurden. Um die Hohe Schule wegen dieses Verkaufs ganz schadlos zu stellen, ließ Wilhelm V. ihr im J. 1777. noch ein Geschenk von 8568. Rthlr. auszahlen.

Von dem Kloster Gnadenthal (Vallis Gratiae) auf der linken Seite der Lahn, zwischen den Aemtern Kirberg und Camberg, ungefähr drei Stunden von Dietz, ist ebenfalls weder der Stifter, noch das Stiftungsjahr bekannt. Es kommt aber schon im J. 1238. vor, und war ein Adeliches Nonnenkloster Cistercienser Ordens. Die Aussteuer der Adelichen Töchter, und die Freigebigkeit ihrer Verwandten, bereicherten das Kloster schon frühe mit schönen [p. 48] Gütern und Einkünften, zu Berstadt, Camberg, Dauborn und Eufingen, Diefenbach im Katzenelenbogischen, Eisenbach, Erbach, Feuerbach, Hausen, Heringen, Igstadt, Kirberg, Lahrheim, Limburg, Lindenholzhausen, Neesbach Netzbach, Rendel. Seit 1260. gehörte demselben auch die Pfarrei Dauborn durch eine Schenkung Gottfrieds Herrn zu Epstein. Mit der Reformation der Nassauischen Länder drang die neue Lehre auch in das Kloster ein. Es blieben aber doch immer noch protestantische Conventualinnen darinnen, bis auch diese während der Verheerungen des 30.jährigen Kriegs sich zerstreuen mußten. Mehrere Versuche des Cistercienser-Ordens und des Erzstifts Trier, das Kloster in seiner alten Gestalt herzustellen, mißlangen, und auch die noch im J. 1650. auf Kur-Cölln und Waldeck erkannte Commission zur Restitution der Gnadenthaler Conventualinnen, blieb, weil das Normaljahr entgegenstand, ohne Erfolg. Mit dem 1635. 1. Jun. erfolgten Tode der letzten Abtissin Liebmuth von Irmtraud war ohnehin der Convent ausgestorben, und die verwittwete Fürstin Sophie Hedwig zu Dietz hatte Namens ihrer Söhne von dem Kloster und dessen Eigenthum Besitz nehmen lassen. Aus dem Kloster selbst, und den zunächst um die Gebäude gelegenen Gütern entstand hiernächst ein herrschaftlicher Hof. Die Einkünfte des Klosters aber, wovon freilich ein großer Theil der außer Landes fallenden, verloren gegangen ist, werden unter Landesherrlicher Oberaufsicht administrirt, und theils zu Stipendien für studirende Landeskinder, theils [p. 49] zur Verbesserung mehrerer geringen Pfarr- und Schulstellen verwendet. Durch die gute Verwaltung ist der Verlust, den diese Stiftung erlitten hatte, nach und nach wieder ersetzt worden. Im J. 1796 hatte das Kloster einen Kapitalfonds von mehr als 63000. Gulden, wovon an 2400. Gulden Zinsen einkamen. Die ganze Einnahme an Zinsen, Gülden, Zehnten, Hofpacht, und von verkauften Naturalien betrug über 8000. Gulden, welche aber freilich mit den Preisen der Naturalien steigt und fällt.

Die Stifter des im Amt Wehrheim in der Wetterau gelegenen Klosters Thron, oder wie es in lateinischen Urkunden genannt wird, Monasterium Sanctimonialium in Throno S. Mariae, waren Graf Gerhard III. von Dietz und seine Gemahlin Agnes. Sie schenkten zur Errichtung dieses Nonnenklosters Cistercienser-Ordens, ihren Hof zu Niedernhain bei Wehrheim, mit Vorbehalt der Vogtei über das Kloster im Jahre 1243. (Vig. Bened.) und der Klosterbau auf diesem Hofe kam im folgenden Jahre zustande. Unter den Wohlthätern des Klosters waren der Römische König Wilhelm und mehrere seiner Nachfolger. Jener gab ihm, außer einigen Freiheiten ein Stück Walds in den Kaiserlichen Forsten bei Frankfurt, K. Rudolf Fruchtgefälle aus dem Gebiete dieser Reichsstadt, und täglich Einen Wagen Brandholz aus dem Drei-Eicher Hain. Wahrscheinlich aus der nemlichen Quelle, hatte das Kloster mehrere Höfe in und bei Frankfurt. Den Kaiserlichen [p. 50] Landvögten in der Wetterau, und den Schultheissen in den Wetterauischen Reichsstädten ward die Beschützung des Klosters aufgetragen. Im J. 1320. hatte sich dasselbe mit Besitzungen und Einkünften in den besten Gegenden der Wetterau schon so bereichert, daß die Zahl der Nonnen vermehrt werden konnte. Unter Begünstigung der damaligen Herren der Grafschaft Dietz ward auch dieses Kloster im J. 1528 reformirt, behielt aber doch seine klösterliche Einrichtung bis zu dem im J. 1576. erfolgten Tode der letzten Abtissin, Margrethe von Hattstein. Das Erzstift Trier, welches sich immittelst auch in die Gemeinschaft am Amte Wehrheim eingedrungen hatte, bemächtigte sich eben so des halben Klosters und seiner Einkünfte, und verordnete sie hiernächst zu dem Clementinischen Seminarium zu Trier. Die Nassauische Hälfte aber ward, nach der testamentarischen Verordnung des Grafen Johann des älteren, zu dem Fonds der von ihm gestifteten Hohen Schule zu Herborn geschlagen, welche noch in deren Besitz und Genuß ist. Die Höfe, Waldungen, Zehnten und andere Fruchtgefälle des Klosters ertragen jährlich ungefähr 2400. bis 2500. Gulden an Geld, und über 900. Wetterauer Achtel Früchte.

Das Collegiat-Stift St. Marien zu Dietz ward im J. 1289. von Graf Gerhard IV. zu Dietz und seiner Gemahlin Elisabeth bei der neuerbauten Marienkirche allda errichtet. Ein älteres aber gering dotirtes Stift bei der Kirche zu Salz ward demselben einverleibt. Auch wurden alsbald [p. 51] die Pfarreien St. Peter bei Dietz, Freiendietz, Allendorf bei Merenberg, Rotzenhahn, und später die Kirchen zu Wicker, Wehrheim, Salz und Kirberg, mit dem Stifte vereinigt. Die Zahl der Präbenden oder der Stiftsherren ward Anfangs auf acht, bald nachher aber auf zwölf bestimmt. Durch Schenkungen und Vermächtnisse der Dietzer Grafen sowohl, als des inländischen und benachbarten Adels, wuchs das Vermögen des Stifts sehr schnell. Schon frühzeitig hatte es beträchtliche Höfe, Zehnten und Güter zu Allendorf, Altendiez, Auel, Balduinstein, Berlenbach, Dietz, Epperoth, Erbach, Eschhoben, Eufingen, Fachingen, Freiendietz, Hahn, Hambach, Hahnstetten, Heistenbach, Heringen, Holzheim, Hundesangen, Kaltenholzhausen, Kirberg, Kirchdorf, Langenschied, Lahrheim, Limburg, Lindenholzhausen, Linter, Mensfelden, Netzbach, Ober-Neissen, Offheim, Pfeifensterz, Salz, Selters, Staffel, Weier, Weilbach und Wicker. Von diesen Gütern und Einkünften ging aber, besonders von den Auswärtigen, durch die Reformation vieles verloren. Das Erzstift Trier hatte sich zwar bald nach dem Anfange der Reformation einer Gemeinschaft an der Grafschaft Dietz bemächtigt, konnte aber doch nicht verhindern, daß der größte Theil des Landes, und allmählig auch das Stift, die neue Lehre annahmen. Der Religions-Friede und der Theilungsvertrag zwischen Trier und Nassau über die Grafschaft Dietz, sicherten diese Veränderung. Doch behielt das Stift noch einige Zeit eine collegialische Form, verlor [p. 52] solche aber mit dem Tode des letzten Canonicus Wilhelm Maul im J. 1620. nachdem man die übrigen Stellen nach und nach aussterben lassen. Die Einkünfte werden seitdem zur Unterhaltung der Kirchen- Pfarr- und Schulgebäude zu Dietz, Salarirung des Geistlichen Inspectors der Dietzischen Klasse, und der Prediger und Schullehrer in der Stadt, auch wohl, wenn Ueberschuß ist, zur Unterstützung anderer Geistlichen und Schullehrer auf dem Lande, verwendet. Der Fonds ist aber nach dem starken Verlust, den das Stift erlitten hat, weit geringer, als der Gnadenthaler. Die Fruchtgefälle betragen zwar über 500. Malter. Dagegen belief sich im J. 1796. die ganze Geld-Einnahme, der hohen Fruchtpreise ungeachtet, nur auf ungefähr 3300. Gulden.


[Anmerkungen]

a) Die Westerburgischen zwei Achtel kaufte Graf Wilhelm Friedrich zu Nassau-Dietz von Graf Georg Wilhelm zu Leiningen-Westerburg im J. 1643. (26. Jun.) mit dem Schaumburgischen Hause zu Fachingen für 800. Reichsthaler. Der Mudersbachische Theil kam mit dem Tode Daniels von Mudersbach und Erlöschung des Mudersbachischen Mannsstammes 1600. (4. Jun.) an Hartmuth von Cronenberg, und 1704. nach Erlöschung des Cronenbergischen Mannsstammes an das Haus Nassau mit anderen eröfneten Cronenbergischen Lehen. Da der Mudersbachische Theil an Fachingen und Birlenbach Virneburgisch Lehen war, so muß in der Folge eine mir bis jetzt unbekannte Veränderung mit dem Dominio directo vorgegangen seyn.

b) Obernhof, welches Wenk Hess. Landesgesch. I. S. 531. zum Altendietzer Gerichte zählet, hatte sein eigenes Gericht, gehörte aber nie zur Grafschaft Dietz, sondern war altes Nassauisches Eigenthum.

c) Graf Adolf zu Nassau-Dietz bauete dieses Schloß im J. 1395 wieder auf, nachdem es über hundert Jahre zerstört gelegen hatte.

d) Diesen Ort und dessen Gemarkung kaufte Fürst Johann Ludwig zu Nassau-Hadamar 1644. und 1650. an sich, und verwandelte das Dorf in einen herrschaftlichen Hof. Unter dem Fürsten Franz Bernhard im J. 1691. ward aber durch einen Verkauf aus dem Hofe wieder ein Dorf.

e) Bertzhahn war zum Theil Westerburgisch. Im J. 1611. (8. Febr.) überließ aber Graf Georg zu Nassau-Katzenelenbogen dem Grafen Philipp Jacob zu Leiningen-Westerburg das ganze Kirchspiel Wilmeroth, oder die Orte Wilmeroth, Gerkenroth, Bertzhahn und Gersassen, als Afterlehen, mit dem Vorbehalt, daß dieses Lehen nach Ausgang des Westerburgischen Mannsstammes an Nassau gegen Herauszahlung von 4000. Rädergulden an die Allodialerben, zurückfallen solle. Westerburg cedirte dagegen 500. Gulden Erbrenten, welche von Westerburgischen Leibeigenen im Nassauischen, von Zehnten, und von Gütern zu Emmerichenhain fielen. Graf Johann Ludwig zu Nassau-Hadamar erkaufte zwar im J. 1644. (2. Sept.) neuerding das Kirchspiel Wilmeroth von Graf [p. 16] Reinhard zu Westerburg um 4000. Gulden. Weil aber von Westerburg diese Veräußerung in der Folge, als ungültig, bei den Reichsgerichten angefochten ward; so trat Nassau durch einen Vergleich 1667. (19. Sept.) dieses Kirchspiel unter den vorigen Bedingungen an Westerburg mit der Ausnahme wieder ab, daß die an den Grafen Reinhard im J. 1644. bezahlten 4000. Gulden bei einem künftigen Rückfall des Lehens, durch die Allodialerben nicht noch einmal gefordert werden könnten. Westerburg cedirte dagegen an Nassau die Dörfer Wilsenroth und Pottum, und Kur-Cölln, als Lehnsherr der Herrschaft Westerburg, gab dazu 1668. (9. Jan.) seine Einwilligung, jedoch nur auf so lange, als das Westerburgische Lehenrecht daran dauern würde.

f) Dapperich war ein kleines Dorf. Graf Johann Ludwig zu Nassau-Hadamar kaufte aber im J. 1637. die Einwohner, welche meistens in das Westerburgische zogen, mit 3565 1/2 Gulden aus, und seitdem ist dieser Ort ein herrschaftlicher Hof.

ff) Einige hierhin gehörige Urkunden finden sich in Ludolf Sicilim. Wetzlar. p. 324. und Hesse de superiorit. territ. in ciuit. Wetzlar. Hasso-Darmst. app. XVII.

g) In Ellar war vor alten Zeiten ein gräfliches, jetzt vorlängst verfallenes Schloß. Graf Eberhard von Katzenelenbogen wollte auch aus diesem Dorfe eine Stadt machen, und wirklich erhielt er dazu im J. 1372. (10. Jul.) das Privilegium von K. Carl IV. Sein Vorhaben kam aber nicht zur Ausführung.

h) Siehe oben Not. e.

i) Diese Urkunde ist abgedruckt in Reinhards kl. Ausf. Th. 1. S. 53.

k) Der Austausch-Receß ward bereits den 24. Februar 1772. von den Commissarien unterzeichnet. Die Ratification und Vollziehung erfolgte aber erst 1773. Nassau-Weilburg machte sich bei diesem Austausche zugleich anheischig, die von dem Stifte Worms zu Lehen gehenden Dörfer Neunkirchen, Hüblingen und Rückershausen, von der Lehensverbindlichkeit frei zu machen, brachte darüber auch die Urkunde des Wormser Lehnhofes vom 13. Aug. 1772. bey. Nassau-Weilburg nahm seitdem die ertauschten drei Viertel an Löhnberg, statt jener Dörfer, von Worms zu Lehen.

l) Diese Meinung, und daß Dietz die Hälfte an Laurenburg und der Esterau gehabt, bin ich versucht, für die wahrscheinlichste zu halten, weil ich sonst nicht zu erklären weiß, warum die Nassau-Walramische Linie statt zur Hälfte, so wie bei Nassau, In der ungetheilten Gemeinschaft der Esterau zu bleiben, nur zu einem Viertel berechtigt gewesen seyn sollte. Daß aber Nassau-Katzenelenbogen, nachdem dasselbe durch den Katzenelenbogischen Vertrag die Dietzischen und nachher Epsteinischen und Katzenelenbogischen Antheile der Esterau mit ihrem eigenen Antheile wieder consolidirt hatte, wirklich drei Viertel, und Nassau-Saarbrücken nur Ein Viertel hatte, beweisen die Theilungen zwischen Graf Johann des ältern Söhnen, und der Tauschbrief über das Saarbrückische Viertel.

ll) Das anfängliche Dorf Camberg hatte zwar schon von K. Rudolf 1281. (27. Aug.) Stadtrechte, und 1336. (18. Mai) deren Bestätigung von K. Ludwig dem Bayern erhalten. Es ward aber erst unter Graf Gerhard VII. Gebrauch davon gemacht, welcher auf ein nochmaliges von K. Carl IV. 1365. (15. Jul.) ertheiltes Privilegium diesen Ort mit [p. 29] Mauren und Thoren versah. S. auch Hontheim Prodr. p. 1074. und 1086., wo aber die Zeit um einige Jahre zu frühe angegeben wird.

m) Graf Henrich zu Sayn redet in einer Schenkungsurkunde für das Kloster Dirstein vom J. 1221. auch von einer ihm zu Mensfelden zustehenden Gerichtsbarkeit. Es findet sich aber keine weitere Spur davon.

n) Ich bezweifle hiernach, daß die Pfandschaft, welche die Nassau-Saarbrückische Linie, nach Wenk, am a. O. S. 575. bereits im Anfange des vierzehnten Jahrhunderts an Weilnau gehabt haben soll, sich auch auf Alten-Weilnau erstreckt habe. Nirgends ist eine Spur davon in Altenweilnauischen Urkunden. Wenigstens muß die Verpfändung nur von kurzer Dauer gewesen seyn.

o) In einer Urkunde vom J. 1362. Mont. n. Trinit. in Hontheim Hist. Trev. II. p. 224. erklärt Graf Gerhard zu Dietz, daß er Weilnau von einem Abte zu Hirschfeld zu Lehen trage. Eben so kommen die Zenten zu Kirchdorf, Sindersbach und Bubenheim, und ein Hof zu Kirchdorf, dem nachherigen Kirberg, als Hirschfeldisches Lehen der Grafen von Dietz vor. Abt Ludwig zu Hirschfeld ertheilt seine Einwilligung den Grafen Gottfried und Gerhard von Dietz 1336. d. Vit. et Mod. wegen des dotalitii, welches des letzteren Gemahlin Jutte auf diese Lehnszehnten und Güter angewiesen war. Auch findet sich noch ein Lehnbrief des Abts Johann für den Grafen Gerhard vom J. 1357. d. Vit. in welchem aber die Lehnstücke nicht benannt sind. Wie diese Lehnbarkeit hiernächst in Abgang gekommen, ist unbekannt.

p) Der Kaufbrief selbst ist mir nicht zu Gesicht gekom- [p. 36] -men. Der Kauf muss aber 1565. oder 66. geschehen seyn. Dann Nassau-Weilburg macht denselben in einem Schreiben vom 23. Febr. 1566. an Nassau-Katzenelenbogen bekannt, und verlangt dessen Beistimmung zur einzunehmenden Huldigung.

q) Wenk 1. S. 533. rechnet auch noch zu der alten Grafschaft Dietz die Vogtei Ems und das Amt Löhnberg. Beide gehören aber zu den alten Nassauischen Besitzungen, und die Grafen von Dietz haben nie Theil daran gehabt. Auch ist es ein Irrthum, wenn eben daselbst Dirstein das heutige Oranienstein, in das Amt Löhnberg versetzt wird.

r) S. m. Miszell. zur Dipl. u. Gesch. p. 106.

s) Corden dict. germ. de Archidiac. Trevir.

t) Würdtwein Dioeces. Mogunt. T. III. p. 10. und 47.

u) Guden. Cod. dipl. II. p. 15. Fischers Isenb. Geschl. Reg. in Urk. Buch. S. 28. Siehe auch Vita Ludov. Com. Arnstein. bei Kremer und anderwärts.


Letztes Update: 26. September 2017
Ralph Jackmuth