Der Name Jackmuth, eingedeutscht aus Jacquemot (einer Verkleinerung zu frz. „Jacque“) ist in der Pfarrei Nievern seit Aufzeichnungsbeginn der Pfarrmatrikel im Jahre 1708 nachweisbar. Zunächst begegnen nur Johannes und Katharina, die zw. 1708 und 1729 neun Kinder taufen lassen. Aus dieser Familie (Nr. 1) stammen alle weiteren Familien dieses Namens in der Pfarrei des 18., 19. und 20. Jahrhunderts.
Außer dem Todesdatum des Johannes (21.03.1730) und der Katharina (23.11.1752, 75 Jahre alt), sowie einigen Taufpatenschaften und ein Eintrag in der Bruderschaftsliste der hl. Katharina 1710 lassen sich aus dem ersten Kirchenbuch keine weiteren Angaben zu diesen Personen entnehmen. Der Mädchenname der Mutter sowie das Datum der Trauung bleiben zunächst offen. Es fällt auf, dass der Eintrag in der Bruderschaftsliste 1710 mit dem Zusatz cum omnibus prolibus, also „mit allen Nachkommen/Kindern“ versehen ist. Sind hiermit nur die 1708 und 1710 getauften Kinder gemeint, oder mehrere? Merkwürdig erschien weiterhin, dass der Vater von Familie Nr. 2, Leonhard, nicht unter den Getauften 1708 bis 1729 zu finden ist. Doch erst mit dem Vermerk bei der zweiten Ehe des Johannes (III.) 1777 (Nr. 4b), dass seine Ehefrau Maria Margaretha Müsseler vom Hof Kirchheimersborn mit ihm im 3. Grad blutverwandt ist und sie deswegen eine Erlaubnis zur Trauung haben, kam endlich Licht in die Sache. War also die Katharina eine geb. Müsseler und kam vielleicht auch von diesem Hof?
Der Hof Kirchheimersborn bildete zusammen mit anderen Waldhöfen (Grenzloch, Dörstheck, usw.) und der auf der linken Lahnseite (dem Emser Bad gegenüber) liegenden Höfen, dem sogenannten „Spieß“, die Pfarrei Spieß und wurde zunächst von der Pfarrei Oberlahnstein mitverwaltet. Heute gehören diese Orte zur Verbandsgemeinde Bad Ems.
Leider sind für die Pfarrei Spieß eigene kontinuierliche Aufzeichnungen erst ab 1724 erhalten, als Peter Wunnerle mit den Aufzeichnungen beginnt, zu spät also, um für eine Recherche dienlich zu sein. Da jedoch die Pfarrei Spieß von der Pfarrei Oberlahnstein mitverwaltet wurde, finden sich in den dortigen Kirchenbüchern, die bis ins 17. Jh. zurückreichen, immer wieder Einträge, welche die Pfarrei Spieß betreffen.
Und tatsächlich lassen dort Johannes Jackmuth und Katharina am 6. August 1702 ein Kind namens Leonhard taufen (* 02.08.). Taufpaten sind ein Leonhard Jackmuth und eine Eva Müslerin, Ehefrau des Thomas Müsler. Dieser Eintrag gilt bis jetzt als der früheste Namensbeleg. Ein weiterer Taufeintrag vom 4. November 1703 wird dann noch deutlicher. Johannes Jachmouth und Katharina Moselerin lassen ein Kind namens Johannes taufen (* 30.10.). Der Pfarrer nennt sie coniuges morantes in villa Kirschmersborn, also „Eheleute, die sich auf dem Hof Kirchheimersborn aufhalten/verweilen“. Die Taufpaten sind hier ohne weiteren Belang.
Die Frage nach dem Mädchennamen der Katharina und deren (wahrscheinlicher) Herkunftsort ließ sich also beantworten. Trotzdem lässt auch das Oberlahnsteiner Kirchenbuch die Frage nach dem Datum der Trauung offen. Es wird aber aufgrund des Todesdatums der Katharina und der Zeit ihrer Geburten um 1701 anzusetzen sein.
Somit ist also die Pfarrei Nievern nicht der Ursprungsort für diese Familie oder vielmehr den Namensträger, aber auch nicht die Kirchheimersborn, wie sich noch zeigen wird. Johannes und Katharina werden also frühestens noch 1703, spätestens aber 1708 in die Pfarrei Nievern gezogen sein.
Ob Katharina von der Kirchheimersborn stammt, lässt sich nicht beweisen, wird aber angenommen. Da sie nach Angabe des Nieverner Pfarrers 1752 mit 75 Jahren stirbt, wäre sie etwa 1677 geboren, aber bei Geburt ihres letzten Kindes 1729 etwa 52 Jahre alt gewesen. Ich setze ihr Geburtsjahr daher um 1685 an. Auf jeden Fall ist sie bei Geburt ihres ersten Kindes wohl noch sehr jung gewesen.
Was den Namen Müsseler oder Möseler angeht, der sich evtl. von „Musseler“ bzw. „Musselier“ ableitet, ist dieser ab 1697 auf der Kirchheimersborn (s. FB Oberlahnstein[1]) nachweisbar. Johannes Moseler, Hofmann auf der Kirchheimersborn und Agnes sind zwischen 1697 und 1703 mit vier Kindern belegt. Bei der Taufpatin Katharina Moseler im Jahr 1697, mag es sich um die spätere Ehefrau des Johannes Jacquemot handeln, zumal dieser 1703 bei der gleichen Familie als Pate begegnet. Den frühesten Beleg dieses Namens findet sich 1694/1695 im Kirchenbuch der ev. Pfarrei Ems. Dort lassen Thomas und Eva Müßler am 05.04.1694 Johann Jakob und am 01.04.1695 Anna Katharina taufen. Im Eintrag von 1695 ist Thomas „gewesener Hofmann auf dem Wintersberg“. Wahrscheinlich handelt es sich hier um die Taufpaten des ersten Kindes von Johannes Jacquemot und Katharina im Jahre 1702. Weiterhin ist dieser Name durchweg im 18. Jh. in der Pfarrei Nievern anzutreffen. Wahrscheinlich lassen sich auch hier alle Familien dieses Namens auf eine Stammfamilie zurückführen.
Nachdem sich nun die Herkunft der Katharina Müsseler/Möseler etwas aufhellen ließ, gestaltet sich die Recherche um Johannes Jacquemot doch weitaus schwieriger.
Am 21. Mai 1671 erhalten Gottfried Eberhard Nottemans, Peter Michael Mariot und Gerhard Franz Bouille vom Landesherrn Carl Caspar von der Leyen, Kurfürst von Trier, das Recht, auf einer Flussinsel in der Lahn unterhalb Nievern eine Eisenhammerschlag und eine Schneidmühle zu errichten. Da nach dem 30jährigen Krieg die Eisenverhüttung zum Erliegen gekommen war, waren die Landesherren nunmehr daran interessiert, die Eisengewinnung durch Fachleute aus dem heutigen Belgien, wo diese sich im 17. Jahrhundert weiter entwickeln konnte, wieder aufleben zu lassen. Hier tut sich Johann Mariot, Kaufmann und Hüttenmeister aus Lüttich hervor, der als Vater der Neu- und Wiedergründung von Eisenhütten an Mittelrhein, Mosel und Lahn gilt. Begonnen mit einer Konzession 1639 für ein Gieß- und Hammerwerk bei Vallerau (zw. Neuhäusel und Simmern, ehem. Amt Montabaur), wird diese im Laufe der Jahre auf Schürf- und Hüttenrechte auf Dernbach, Engers, Ahl, Hohenrhein, Weinähr, Vallendar, Nievern u. a. verlängert und erweitert und im Ganzen von ihm und seinen Nachkommen auf 14 Berg- und Hüttenwerke im Kurfürstentumtrier gebracht.
Doch zurück zur Nieverner Hütte. Nach ihrer Errichtung 1671-1673 wird Libert Grisar dort Hüttenmeister. Bis 1656 Leiter des Hüttenwerks von Yvoir (Raum Lüttich), wird ihm von den Mariots zunächst der Posten eines Hüttenmeisters in Stromberg nördlich von Koblenz angeboten. Zu diesem Zeitpunkt hat die Eisengewinnung in der Familie schon lange Tradition. Jean Grisar, ein Bruder von Libert, war Besitzer des Hüttenwerks in Chênée (Raum Lüttich). Ihr Vater, Gillet Grisar, ist als Hüttenmeister in Sauheid (später Chaudfontaine) 1613-1617 nachgewiesen. Selbst dessen Großvater begegnet als Leiter der Kohleminen und Kalköfen zwischen Chèvrement und Romsée (Raum Lüttich) und als Besitzer der Hütten von Vaux (-sous Chèvrement). Ab der Übernahme der Nieverner Hütte durch Libert Grisar, stellen er und seine Nachkommen, obwohl nirgends ausdrücklich erwähnt, die Hüttenmeister im 18. Jh., bis sie 1816 für 60 500 Gulden an Peter Grisar (* 1742 Fachbach) und seine beiden Neffen Johann Martin und Karl ganz in Besitz geht. Ausführlich über die Geschichte der Grisars in Belgien und später in Nievern informiert G. Hufnagel auf seiner Homepage http://www.gerhardhufnagel.mynetcologne.de
Natürlich empfiehlt es sich für den Aufbau einer Eisenverhüttung in einer Gegend, wo die Techniken dafür weitgehend unbekannt sind, die Facharbeiter mit dem entsprechenden Know-how, aus der Heimat mitzubringen. So kommt es nicht von ungefähr, dass an den Orten, in denen die Mariots ihre Eisenhütten errichteten, wallonische Familiennamen auftauchen. Jedoch sind viele dieser Namen heute wieder verschwunden. Was Nievern angeht, bewegt sich der größte Zustrom von wallonischen Facharbeitern von 1671 bis kurz nach 1700. Johannes Jacquemot scheint also zu einem der letzten Kontingente gehört zu haben, da anzunehmen ist, das immer mehrere Facharbeiter zusammen in die neue Heimat kamen. Leider ist bei Beginn der Nieverner Pfarrmatrikel im Jahr 1708 der große Teil an Arbeitern schon da, sodass hier keine Informationen zum Herkunftsort zur Verfügung stehen. Vergleiche mit Traueinträgen in Kirchenbüchern von anderen Hüttenstandorten wie Montabaur und Weinähr, auf eine etwaige Nennung des Herkunftsorts des Ehemanns, zeigen mit globalen Umschreibungen wie z. B. „ex patria Leodiensis“ (aus Lütticher Heimatland) auch teilweise genaue Nennungen des Herkunftsortes, bis hin zu Angabe der Eltern. Leider führt hier die Aufzeichnung nach dem Hören-Sagen-Prinzip mitunter zu Namensverderbnissen.
Ein weiteres Problem ist das (auch heute noch) häufige Vorkommen des Namens Jacquemot in der Gegend um Lüttich. Es ist anzunehmen, dass die von den Mariots angesiedelten Arbeiterfamilien aus den Eisenverhüttungszentren im Raum Lüttich direkt kommen. Aber ob eine systematische Untersuchung aller Kirchenbücher dieser entsprechenden Orte bei diesem häufigen Namen zum Erfolg führt, bleibt fraglich.
[1] Karbach, Franz J.: Familienbuch Oberlahnstein : nach den Taufeinträgen 1627 – 1800, Heiratseinträgen 1627 – 1810, Sterbeeinträgen 1654 -1816 / Franz Josef Karbach ; Hans-Dietrich Kneip ; Johannes Buschmann. – Koblenz, 1994. – IV, 846 S.
Letztes Update: Oktober 2016
Ralph Jackmuth