Reichsabschied Regensburg 1532

Reichsabschied Regensburg vom 27.07.1532 §§ 1-8 (nach Edition Koch 1747)


Kaysers Neigung zu der Teutschen Nation, zu Hinterlegung Zwispalts im Glauben, Widerstand gegen den Türcken, und Erhaltung Friedens, guter Policey und Wolfahrt.

[p. 353] Wir Carl der Fünffte, von Gottes Gnaden, Römischer Kayser, zu allen Zeiten Mehrer des Reichs, König in Germanien, zu Castilien, zu Arragon, zu Legion, beyder Sicilien, zu Hierusalem, zu Hungarn, zu Dalmatien, zu Croatien, Navarra, zu Granaten, zu Tolleten, zu Valentz, zu Gallicien, Majoricarum, Hispalis, Sardiniæ, Cordubæ, Corsicæ, Murciæ, Giennis, Algarbien, Algeziræ, zu Gibraltaris, und der Insulen Canariæ, auch der Insulen Indiarum, und Terrae firmae, des Meers Oceani, &c. Ertz=Hertzog zu Oesterreich, Hertzog zu Burgundi, zu Lotterich, zu Braband, zu Steyer, Kärndten, zu Krain, Limburg, Geldern, Würtenberg, Calabrien, Athenarum, Neopatriae, Graff ui Habspurg, zu Flandern, zu Tyrol, zu Görtz, zu Parsiloni, zu Arthoys, zu Burgundi, Pfaltzgraff im Hennigau, zu Holland, zu Seeland, zu Pfiert, zu Kyburg, zu Namur, zu Roßilion, zu Ceritan, und zu Zütphen, Landgraff in Elsaß, Marggraff zu Burggau, zu Oristani, zu Gociani, und des Heil. Römischen Reichs Fürst zu Schwaben, zu Catalonia, Asturia, rc. Herr in Frießland, zu Biscaja, auf der Windischen Marck, zu Portenau, zu Tripoli, und zu Mecheln, rc. Bekennen und thun kund allermänniglich: Nachdem Unser Gemüth, Meinung und Begierd für allen andern allezeit sonderlich dahin gestanden, und noch, daß wir gern thun alles dasjenig, so Uns, Unser Kayserlichen Hohe und Würde, Amt nach zustehet, auch Unsers besten und höchsten Vermögens alles fürzunehmen geneigt, das zu Wolfahrt, guter Ordnung, Fürstand und Fürsehung des H. Röm. Reichs, der löblichen Teutschen Nation dienen, und fruchtbar seyn mag, derhalben Wir in diesen geschwinden Zeiten und Läufften, so vor Augen, aus unvermeidlicher Nothdurfft, treffentlichen und beweglichen Ursachen, daran Uns, dem Heil. Reich und Teutscher Nation hoch und mercklich gelegen, auch Unserm Kayserlichen gnädigen Gemüth, Neigung und Begierd, so Wir zu dem Heil. Reich und gemeiner Teutscher Nation tragen, und sonderlich zu Hinlegung der Irrung und Zwyspalts Unsers Heiligen Christlichen Glaubens, Widerstand des grausamen Vorhabens des Türcken, und Erhaltung Friedens, Rechtens, guter Policey, und Wolfahrt derselben Teutschen Nation, einen gemeinen Reichs=Tag in Unser und des Heiligen Reichs Stadt Speyer, auf den vierzehenden Tag des nächst verschienen Monats Septembris, zu halten ausgeschrieben, und den in eigener Person in allweg zu besuchen fürgenommen.

Kundschafften des Türcken Rüstung Vorhabens das Röm. Reich zu überziehen.

Reichs-Tag.

Die Zwyspalt des Glaubens hinzulegen.

Einigkeit und Frieden zu machen.

[Abschnitt 1] §. 1. Nachdem sich aber zwischen Unserm Ausschreiben, und Verkündigung desselben Reichs=Tags so viel grosser beschwärlicher | Sachen, daran nicht allein Uns und Unseren Erb Königreichen und Landen, sondern auch gantzer Christenheit, dem Heil. Reich Teutscher Nation, gemeines Friedens und Wohlfahrt halben, treffentlich gelegen, unversehenlich fürgefallen, und sonderlich vielfältige Kundschafften und Zeitung zukommen, wie der Erb=Feind Unsers H. Glaubens und Nahmens, der Türck, in mercklicher grosser Rüstung und Gereitschafft stehen, und der endlichen Meinung seyn soll, die Christenheit, und fürnemlich dass H. Röm. Reich der Teutschen Nation, diesen Sommer wiederum zu überziehen, und seiner blutdurstigen Tyrannen nach darinn zu wüten. Seynd Wir aus solchen oberzehlten, und andern mehrern treffentlichen wichtigen Ursachen bewegt worden, obgemeldten Speyerischen Reichs Tag zu verändern, und den in diese Unser und des Reichs Stadt Regenspurg zu verrücken, und auf nächst verschienen der. H. drey König Tag anzufahen, ausgeschrieben. Damit nun solcher Reichs=Tag förderlich gehalten, haben Wir Unsere Sachen in den Niederlanden so viel mehr gefürdert, und Unserer Erb Königreich und Landen grosse Obligen angestellt, und Uns, nicht mit kleinen Unkosten, eigener Person, auch hieher, sobald immer müglich gewesen, verfügt, Gemüths, Willen und Meinung, die Zwyspalt in Unserm Heiligen Christlichen Glauben, so für und für je mehr beschwärlicher eingerissen, aus Unserem Christlichen Kayserl. Gemüth, mit fürbetrachtlichem zeitlichem Rath hinzulegen, und sonst also gute Einigkeit und Fried im Heil. Reich, in diesem und anderen Obligen zu machen, auffzurichten, zu beschliessen und zu halten, alles fernern Inhalts Unsers Ausschreibens dieses Reichs=Tags.

§. 2. Auf welchem Reichs Tag Wir auch Churfürsten, Fürsten und andere Stände des Heil. Reichs in guter Anzahl, eigener Person, und etliche durch ihre Bottschafft, mit vollmächtigem Gewalt bey Uns erschienen sind.

Der Türck faßt mehr Hertz wegen Zwyspalt der Religion in Teutschland.

§. 3. Wiewol nun an Christlicher Vereinigung des Zwyspalt an Unserm Heil. Christlichen Glauben treffentlichen und viel gelegen, und derselb Artickel, als nicht der geringsten Beschwärung eine, billich für das erst für die Hand genommen, berathschlagt, und zu einmüthigem Christlichen Verstand, und guter Endschafft bracht worden seyn solt. Und aber Wir achten und besorgen, daß sonder Zweiffel der Türck aus solchem Zwyspalt durch Verhängnuß des Allmächtigen, zu Straff Unserer Sünden, desto mehr Hertz lassen, das Christlich Königreich Hungern, so am nächsten an das H. Reich Teutscher Nation gräntzer, zu erobern, dadurch er fürter in der Teutschen Nation mit Mord, Brand und Tyranney in das Christlich Blut, wie in dem nächst=verschienen neun und zwantzigsten Jahr auch gesche= [p. 354] hen, grausamlich wüten, und dieselben unter seinen Tyrannischen Gewalt bringen möchte.

Kundschafft der überaus grossen Rüstung des Türcken.

§. 4. Und dann Wir, auch Unser Bruder der Röm. König Ferdinand, rc. je mehr Zeitung und gewisse Kundschafft gehabt, wie sich der gemeldt Erb=Feind Unsers Heil. Christl. Namens und Glaubens der Türck mit mehr und grösser Gewalt und Macht, dann zuvor nie geschehen, in stätiger embsiger Rüstung, und des endlichen Fürsatz seyn soll, die obgemeldte Christenheit zu überziehen, und bereits ein Theil Reysigen und Schiff mit allerley Munition, in grosser Anzahl die Thonau auf fürgeschickt.

Dessen Anzug gegen Oesterreich, rc.

§. 5. Es haben Uns, auch Churfürsten, Fürsten und des Reichs gemeine Stände, auf diesem Reichs=Tag hie, die Gesandten Unsers Ertz=Hertzogthums Oesterreich, auch anderer Unserer Fürstenthumen und Landen, nemlich, Oesterreich, unter und ob der Ens, auch Steyer, Kärndten und Crain, die hohe und beschwährliche, sorgliche und gefährliche Obliegende, Nothzwang und Träng des Türcken, darinn dieselbe Unsere Land und Unterthanen stehen, und daß der Türck mit aller seiner Macht auf sie im Anzug ist, unterthäniglichen anbracht und zu erkennen gegeben, daß Wir dann in Mitleiden Unser Kayserl. Gemüths gnädiglich vernommen. Und haben darauff dieselbe Gesandten Uns, auch Churfürsten, Fürsten und Stände demüthiglichen angeruffen und gebetten, daß Wir in Bedacht solcher und ihrer höchsten, grösten und gefährlichsten Noth, darinnen sie seyen, zu Hülff, Rettung und Beschirmung kommen, und sie aus solcher Noth zu erledigen, gnädiglich geruhten.

Alß der gehäßigste und blutdürstigste Erb Feind.

§. 6. Derhalben Churfürsten, Fürsten und Stände, auf Unser gnädigs Begehren, und Uns zu unterthänigem Gefallen, aus oberzehlten Ursachen, und dieweil das H. Reich und gemeine Christenheit keinen gehäßigern noch blutdürstigern Feind dann den Türcken haben, der unvermeidlichen Nothdurfft nach, den Artickel der eilenden Hülff wider den Türcken fürst erst für die Hand genommen, denselben mit höchstem und bestem Fleiß ermessen, erwogen und berathschlagt.

Zu Abwendung des Tyrannischen Fürnehmens.

Einer eilenden Türcken Hülff sich verglichen an Leuten und nicht an Geld.

§. 7. Und damit solcher beschwärlicher, verderblicher, und unversehenlicher Einfall und Uberzug des Türcken, von der Christenheit, dem Heil. Röm. Reich und Teutscher Nation abgewendt und verhütet werden möge, haben Churfürsten, Fürsten und Stände nicht allein ihnen selbst zu gutem, sonder auch, und zuförderst GOtt dem Allmächtigen zu Ehren, und zur Handhabung Unsers Christlichen Namens und Glaubens, auch zur Abwendung solches des Türcken Tyrannischen Fürnehmens sich jetzo allhie verglichen, vereinigt und Uns zugesagt, die eilende Hülff, auf jüngst gehaltenem Reichs=Tag zu Augspurg bewilliget, auf Zeit und Ort in Unsern ausgangenen Auffmahnungen und Mandaten | gemeldt, zu Beschirmung Unsers H. Christlichen Glaubens, förderlich und ungesäumet in das Werck zu bringen, gegen den Türcken, wie gemeldt, zu gebrauchen, alles Inhalts gemeldts Augspurgischen Abschieds, den gemeine Stände auf diesem Reichs=Tag für Hand genommen, erneuert, und wiederum beschlossen haben, wie hernach folgt: Nemlich, daß solche eilende Türcken=Hülff durch alle Stände, samt und sonders, an Leuten und nicht an Geld geleist werden soll, mit diesem Zusatz, welche seine Hülff nicht an Leuten, sonder in andere Weg, wie die wären, dardurch die Anzahl des Reichs Kriegs=Volcks geringert werden möchte, zu erstatten vermeinet, daß der oder dieselbe diesem Abschied nicht gelebt, und um die Straff im Augspurgischen Abschied verleibt, wider sie durch den Fiscal procedirt werde, darwider den oder dieselben keine Freyheit oder Befehl fürtragen. Doch soll hiemit keinem Stand dem andern sein Volck zu bestellen verbotten seyn, dergestalt, daß nicht desto minder dieselbe bestellte auf dem gemeinen Muster=Platz, und eines jeden Kreyß Hauptmann gemustert und angezeigt werden, damit man wissen möge, daß an der Anzahl kein Abgang sey.

Kriegs=Proviant Zol und Maut=frey,

ohn Gefährde.

§. 8. Und nachdem die hohe und unvermeidliche Nothdurfft erfordert, zu Unterhaltung des obgemeldten Kriegs=Volcks, der Proviant halben stattliche Fürsehung zu thun, damit daran gar kein Mangel erschein, ist für gut angesehen, daß der Proviant durch die Proviant=Meister förderlich verordnet, bestellt und zugeführt, doch daß der übermässig und unordentlich Fürkauff in solchem fürkommen und vermitten, sonder damit ein freyer Marck, wie Kriegs=Brauch und Herkommen, gehalten, daß auch solch Proviant, Zoll und Maut frey, an allen Städten, Zöllen und Orten gelassen werden soll, alles Inhalts des Artickels im Augspurgischen Abschied, verleibt. Und daß solches denen, so Zöll und Mauten haben, in andere Weg unschädlich, auch sonst kein Gefährd, unter dem Schein dieses guten Wercks, bey gebührlicher Straff, gebraucht. Darzu soll eine jede Oberkeit in ihren Gebieten ein Einsehens haben, damit die Proviant auf der Proviant=Meister Ansuchen um ein ziemlichen Pfenning zu diesem Christlichen Werck mitgetheilt werde.

Wie die Moderation fürzunehmen.

Ungeacht der nicht erscheinenden sollen die andere fortfahren

[p. 360] VI. Ringerung der Anschläg betreffend.

§. 1. Als auch den Commissarien die Ringerung der Anschläg zu thun befohlen worden, Inhalt des Augspurgischen Abschieds, uns aber dieselbige aus Ursachen und Verhinderung Uns, auch Churfürsten, Fürsten und Ständen durch die gemeldte Commissarien angezeigt und verabschiedet, ihren Fürgang nicht gewonnen, haben Wir Uns mit Churfürsten, Fürsten und Ständen, und sie herwiederum mit Uns verglichen, daß solche Ringerung durch deßmals ernennte Commissarien, und der Kreyß Verordneten, so derhalben auf prima Aprilis zu Speyer ankommen sollen, vollzogen. Und wo etliche der Commissarien, oder Kreyß=Verordneten nicht erscheinen, solle nichts destoweniger durch die andern in solchem fürgefahren, gehandelt und beschlossen werden.

Der Kreyß Obrist soll den Tag ankünden.

§. 2. Es soll auch der Ober eines jeden Kreyß, den andern Prälaten, Graffen [p. 361] und Stätten, in demselben Kreyß begriffen, den angesetzten und fürgenommenen Tag anzeigen und zu erkennen geben, damit ein jeder des Wissens haben, und auf demselben Tag seine Nothdurfft fürbringen möge.


Letztes Update: 21. Juli 2016
Ralph Jackmuth